Nach dem Besuch eines Konzerts eines „Superstars“, geschrieben aus meiner für mich typischen Beobachter-Perspektive: Es ist ein einziger Gottesdienst, in dem seine großspurige Überheblichkeit und zynische Arroganz gefeiert wird. Seine Verächtlichmachung und sein Spott über all die, die schwach sind und nicht so reich wie er. Sie feiern ihn dafür. Er vermischt das damit, dass er spielerisch aufblitzen lässt, wie sehr er gleichzeitig einer von ihnen ist - der alte Pop-Trick. Er, so verbreitet er mit Gesten und Worten, breit grinsend, hat sich aus dem Sumpf heraus gearbeitet. Wieso nicht du? Die Medien berichten untertänigst darüber. Die Band spielt zwar fantastisch dazu, ist aber kaum einer Erwähnung wert, ihre Mitglieder sind austauschbar. Werbung blitzt auf, Werbung ist plötzlich überall. Nun ja, das machen zb. prominente Sportler auch so. Sie alle versuchen, „Prominenz“ in Geld zu verwandeln. Es ist dies hier eine Anbetungsorgie, in Geld gegossene Verehrung, auf peinliche Weise abgehoben von den Realitäten dieser Welt, denen man auch durch das Massenerlebnis ja gerade mit einem solchen charismatischen Wichser (Frauen scheinen an dieser Stelle noch weniger gefragt) entkommen will. Oder? Charisma? Wird hier ein bestimmtes faschistoides Verhaltensmuster eingeübt (z.b. eine Gleichgerichtetheit des „Gefühls“) oder - macht das nur „harmlosen“ Spass? Als „Freizeitaktivität“? Als Unterhaltung? Wird hier Charisma zum Zwecke der Verkaufe ausgenutzt? Ist das dort auf der Bühne eine Figur, die zum Konsum animieren soll? Marke, Markenaustausch. Wer ihn hört, findet auch die Marke toll. Entsteht dadurch eine Distanz zu den „Fans“? Oder sind diese inzwischen auf exakt solche Trips in einer durchkommerzialisierten Welt voller Werbeclips getrimmt?
Dass die Sängerin Jennifer Charles eine laszive Stimme habe, fällt wohl jedem ein. Stimmt auch. Unwillkürlich zieht sie jeden hinein, diese Stimme, in Richtung auf ein Geheimnis, von dem aus der Strom des Unbewussten über die Felder Elysiums auf uns zuläuft. Haucht sie da eine Ahnung von der Insel der Seligen? Ob die Botschaft in diesem unglaublichen Timbre liegt? Vielleicht kann ja dunkle Erotik und Bedeutung im Gesang zusammenfallen. Paradies und seine Auslöschung, Großstadt und Fantasie. Die Stimme gehört zur New Yorker Band Elysian Fields, deren Kern sie zusammen mit dem Gitarristen und Songschreiber Oren Bloedow sowie einem Kreis von weiteren Musikern über nun fünf Alben hinweg gebildet hat. Eine meiner CDs heißt „The Afterlife“ und ist wieder so etwas ein Wunderwerk. Musikalisch in keine Schublade passend, gleiten ihre dunkel gefärbten Songs mit Gitarren und Piano oft über scheinbar klare und sehr einfallsreiche Liedstrukturen hinweg in gebrochene Akkorde, um sich dort mit genau arrangierten Streichern, Bläsertupfern und seltsamen Einsprengseln aller Art zu verbünden. Ein Album wie ein Traum. New York Avantgarde. Umgekehrter Jazz. Zurückhaltend und sehr dosiert. Sophisticated würden Amerikaner so etwas nennen. Da ist viel umgebogene Traurigkeit und ein düsterer Abgrund. Nacht und Dämmerung. Fabelhaft.
Elysian Fields: The Afterlife. Reverb Records.
Jetzt, anlässlich des Todes und nach dem Tod von Frank Fahrian, nach einem Film auch, scheinen alle nochmal kräftig abzukotzen wegen Milli Vanilli. Schlimme Finger! Dabei kam und kommt es mir vor, als seien solche „Betrügereien“ alltäglich im Popgeschäft. Da werden wohl immer noch Etiketten aufgeklebt, die an Irreführung grenzen. Da wird Know How und werden namenlose Fertigkeiten „beigesteuert“. Der Umsatz, den Künstler und Leute aus ihrem Umfeld so gerne „Erfolg“ nennen, regiert halt alles. Gelobt sei, was zum Mitklatschen animiert. Wer von seltsamen Machenschaften erfährt, soll den Mund halten, sonst wird er mit allerlei juristischen Maßnahmen überzogen. Behauptungen stehen im Raum. Na und? Wir leben schließlich in einem Rechtsstaat, in dem gerne auch mal ein Schweigegeld bezahlt wird. Was machen eigentlich Produzenten? Zumindest scheinen sie über Möglichkeiten nachzudenken. Die Leute wollen doch betrogen werden, so eine zynische Feststellung, der ich mich oft gegenüber sah. Moral und Popgeschäft?
So laut, grell, anarchisch und schmutzig wie Punk waren die Auftrittsmöglichkeiten. Da gehörte manchmal auch die Straße mit dazu. Ein Instrument sollte man nicht spielen können, so der Mythos. Dass Punk jedoch schon 1978 vereinnahmt war, bedachten etwa The Clash mit Hass und Häme. Bei uns mischte sich dann die Neue Deutsche Welle mit hinzu. Dabei ging es um die Deutung der Lage, Punk war die Waffe dafür. Doch bald schon war alles vermarktet. Das, was als Punk galt, verkaufte sich im Sonderangebot an das Musikfernsehen oder war ein teurer Irokesenhaarschnitt beim Coiffeur, eine auffällig getragene Kette aus dem schwarzen Aufzug heraus. Langsam aber sicher setzten sich nun wieder die kleinen Genies a la Damon Albarn oder Liam Gallagher (in England) durch. Das, was man zuvor abgelehnt hatte. Insgesamt waren solche Figuren aber kaum oder nur kurz und heftig in der Schar der „Superstars“ sichtbar. Ich selbst fasste Punk als eine Art Arbeitshypothese fürs Leben auf, weiß aber heute nicht mehr, wohin all die ehemaligen Punks gegangen sind. Punk ist, wie vieles in der Rockszene, zu einem Artikel der Lifestyleindustrie geworden. Es kam Green Day.
Wie „ärmlich“ fing das damals an? Ich war froh, überhaupt Sound über zwei Boxen stereo hören zu können. Dabei war ich überzeugt, dass dies Equipment Marke Eigenbau (von einem Bekannten realisiert!) so schlecht nicht war (was ich bis heute denke...)……. Man hörte darauf nahezu alles ab, entwickelte eigene Maßstäbe, passte sich den Gegebenheiten an und maß ihm eine persönliche Wichtigkeit zu. Mit der Zeit und über Umzüge hinweg wurde man dann doch anspruchsvoller. Eines Tages war man auch bei einem Kollegen eingeladen, der über eine Anlage hörte, die wohl im fünfstelligen Bereich gekostet hatte und der mein „Urteil“ über seinen Fetisch hören wollte. Natürlich war dieser Mensch auch ein Vinyl-Fanatiker, was ich mir niemals hätte leisten können und was zuvor so etwas wie "natürlich" war. Man legte sich dann aber doch Boxen zu (was damals noch möglich war), die besonders in Bezug auf Lautstärke besser waren und einem neue Möglichkeiten eröffneten. Auch das Hören bei einem Verwandten in der Schweiz zeigte mir auf, was möglich ist und ich hätte tagelang diesem Sound zuhören können. Alleine schon aus beruflichen Gründen sah man sich dann in der Lage, über eine neue, bessere Anlage hören zu sollen. Dem eine große Priorität einzuräumen, lag auf der Hand. Es war ein Ziel, auf das man damals sparte und das man dann auch realisierte. Die Rock- und Popmusik war damals in einer Phase, in der sie stark von den Möglichkeiten des Studios und der Technik bestimmt schien. Für mich taten sich (last but not least dadurch!) immer eindrucksvollere und komplexere digitale Räume auf, was natürlich in der Wohnstube in einer adäquaten Qualität reproduziert sein sollte. Hörte ich in Vertretung und mit den Ohren eines „Liebhabers“ in stiller Konzentration. Oder wollte ich den Sound eines Jedermann mithören (für den GEBRAUCH, für’s Nebenher hören)? Ich war flexibel, - das immerhin. Mal wieder: beides. Ich hörte natürlich immer über das bestmögliche Equipment. Man wollte die Fülle, man wollte alles, was ging…. Im Augenblick kann ich nur hoffen, das nichts kaputt geht und sich nicht seltsame Komplikationen auftun. Mir wird aber klar, dass es um das Hören in bestmöglicher Qualität geht, nicht um diese reduzierte Form des Streaming. Es verlangt mich danach.
Ich glaube, dass Sprache und jegliche Zeichen mittlerweile durch einen zweifelhaften Gebrauch (Fake News, PR-Sprech, Politik) und durch die Entwicklungen der AI völlig diskreditiert ist, dass es nichts als eine Konvention ist, wenn Sprache in braven Versen zum Einsatz kommt. Dagegen setze ich in meiner Musik oft Wortfetzen und menschliche Äußerungen (Sport, Kopulation, Rülpsen, Furzen usw.), die sonst kaum zu hören sind…., fühle auch intensive Verwandtschaften zu Dada…...