Haben nicht sehr wichtige Wissenschaftler wie David Graeber zu zeigen versucht, dass ein hoher Prozentsatz der Menschen eine Arbeit verrichtet, die eigentlich sinnlos ist und das Gemeinwohl kein bisschen befördert ("bullshit jobs")? Und gibt es nicht Hinweise auf Organisationsformen des Menschen, die ihm deutlich mehr Freiraum bringen könnten als die jetzige Form der untergehenden Globalisierung und des darnieder liegenden Kapitalismus? Ob da die Kreativität, jede einzelne Form der Kreativität auch eine Richtungsmöglichkeit andeuten könnte? Zum Beispiel das Musik machen? Jawohl, dieses „aus sich selbst schöpfen“, das eine Art Selbstvertrauen und vom Können handelt, dieses umzusetzen, das ein Verlangen nach kreativer Selbstvergewisserung voraussetzt und nicht unbedingt in einen kommerziellen (also einen Verkaufs-) Erfolg münden muss? Haben wir so etwas in unserer Laufbahn und Entwicklung durchaus schon über längere Zeit kennen gelernt und hatten uns dann damit auseinander zu setzen, dass viele Musiker ihr Tun als technischen Vorgang und sehr viel weniger als Form der Selbstentäußerung, als Form eines kreativen Schaffens, als eine Spielart des freien Geistes, auffassen? Haben wir uns dann mit dem Hinweis auseinander setzen müssen, dass sich sowieso nichts ändert, dass etwas so ist, wie es ist, - und dass letztlich nur der kommerzielle Erfolg zählt, der in gewisser Weise auch ein Zeichen dafür sein soll, dass etwas gehört wird, dass ein Verlangen (eine „Nachfrage“) nach etwas besteht? Hat so etwas nicht auch politische Implikationen?
Haha, alten Text über Popsongs gelesen. Da wird im Ernst gefragt, ob sich die Betreffende, die einem mit „wohltuendem Schwachsinn“ zugesetzt hat, ob sie also am Ende sich als Künstlerin erweist. Mir kommt es so vor, als sei der Begriff der Künstlerin oder des Künstlers nicht erst jetzt dermaßen aufgeweicht, dass sowieso niemand mehr weiß, wer oder was das ist….. Abgesehen davon ist es mir subjektiv längst egal, ob etwas künstlerisch wertvoll ist. Objektiv kann ich natürlich alles jederzeit erklären. Künstler? Pah! Und dann ausgerechnet Popmusiker? Deren „Erfolg“ sich mit einem infernalischen Grinsen nach dem Umsatz bemisst? Haha, ich las etwas von „leichter Schläfrigkeit“ und "verträumter Melancholie“: nein, nein, es ging in diesem Falle nicht über Lana del Rey! Das mit der lebensverändernden Kraft eines Songs kenne ich auch, funktioniert bei mir aber wesentlich seltener. Hab’s nicht so im Griff! „Fadenscheinig“ und „abgestanden“ werde der betreffende Song bald wirken. Hm, leider denke und fühle ich das gleich mit, wenn ich den Song zum ersten Mal höre. Ein dreiminütiger Popsong könne halt „seine Geheimnisse nicht ewig bewahren“, so lese ich... Klaro, so denke ich mir. Das liegt am Wesen eines Popsong. Dann geht es um den „Wegwerfcharakter“ von Popmusik und dann langweilt mich das alles, obwohl ein großer Name den Buchumschlag ziert.
Öffnen sich da große Räume, die uns geradezu einsaugen in sich? Zeigen da Klänge hinaus ins Nichts? Wehen daher, wie welke Blätter? Was ist mit der tief rollenden Bassdrum? Groll oder Roll? Wohin führt und fährt sie uns? Da ist ein ewiges Tanzen, - das mindestens!.... Fest steht, dass in Musik viel hinein projeziert (samt einer Leere, die nur für eine gewisse Zeit "wirkt"....) wird und dass gewisse Musiker samt ihrem Staff sich ein großes Geschäft daraus machen. Auf diese Weise können sie zur gegebenen Zeit sorglos eine riesige Villa oder einen italienischen Sportwagen erwerben und so zum Trendsetter für das lumpige Fußvolk werden. In Interviews mit der willig locker zur Hand gehenden Presse loben sie dann ihr Dasein und „verkaufen“ es auf der Promotiontour zur aktuellen Tour wie den ersten Preis eines Gewinnspiels. Ja, sie haben Glück gehabt und schreiben sich das wie selbstverständlich selbst zu. Schließlich haben sie auch Talent, - wie sie selbst meinen. Sie sind oft die Gralshüter eines Stils, den sie sehr früh in ihrer Biografie erfunden haben. „Erfunden“? „Stil“? Nun ja, sie haben oft etwas vorgefunden und dann Details zu ihren Gunsten verändert. Eigentlich funktioniert so die populäre Musik oft. Die Urheberrechte haben dieses Spiel aber verändert. Die wahren Erfinder dieser Stile blieben meist im Verborgenen, tragen unbekannte Namen, wofür auch die Gralshüter mit ihren großen, meist in der Vergangenheit liegenden Verdienste, tricky gesorgt haben.
Er war einer, der für mich das Schaurige mit einbezog, war ich doch allein durch mein Universitätsstudium mit dem Expressionismus des Grausamen befasst gewesen, in was er trefflich zu passen schien: Tom Waits. Da war das Ungerade, Ungeschlachte, aber auch das Aufgeblähte, der Vaudeville, viel durchlöcherter Jazz, Musical, Jahrmarkt- und Kirmesmusik, Ironie, Humor, Unfassbares. Er warf Fragmentiertes in den Raum, blendete auch das Hässliche stark auf, das Leiden, das Röchelnde, er beschrie das Düstere, beschwor es, wobei er für seine Szene ungewöhnliche Instrumente einsetzte, Marimbas, Oboen, Fagott, Klarinette… etc. Damit schien er allzu oft auf dem Friedhof zu landen, aber auch auf der Abfallhalde. Er brachte Falsches in Anschlag, zelebrierte Sentimentalitäten, die Sehnsucht, das Richtige im Falschen - nur, um es im nächsten Song an scharfkantigen Realitäten zerschellen zu lassen. Er schien oft aus einer Gosse zu tönen und dem Sensenmann auf der Spur zu sein. Da war kein Schöngesang, eher ein grölendes Herausstoßen von Versen, Lauten, Klängen, oft durch ein verzerrendes Sprachrohr des übel Unverdauten gestoßen, des Beschimpften, versoffenen Tremolos, da war ein Keuchen oder Stöhnen, das in Brecht/Weill-ähnliche Landschaften führte, da war ein durch Abwasserschächte hindurch aufgenommenes Taumeln und Stolpern, ein Plärren und Geröchel, das mich manchmal ins Erschrecken führte, weg von den Plastikwelten, in Richtung Fremde. Jetzt sind für mich die Vinylscheiben da, aber auch die CDs. "Closing Time", "Small Change", "Foreign Affairs", "Swordfishtrombones", "Night on Earth", "BoneMachine", Orphans", "Alice, "Mule Variations" "Franks wild Years", "Heartattack and Vine", "Rain Dogs"... Wie oft habe ich "Blue Valentine" gehört und all die anderen seiner Scheiben...... das alles fühle ich in mir......
Er streichelt über die Tasten
entwickelt ein Thema, ein Motiv, eine Andeutung
über langen Spannungsbögen
er lässt es fließen
wird neugierig
lässt es gehen
es werden bald samtene Balladen
bald feurige Rhythmusstöße
nicht allzu einfach
nicht zu gefällig
in sich hinein
ziehen lassen
in andere Zusammenhänge
die vielleicht entspannend konzentrieren
die ein Fenster des Gefühles öffnen
und kaum abgleiten in Selbstgefälligkeiten
Er kann das nicht
imponieren mit schalen Effekten
er lauscht vielmehr dem Ton
er lässt ihn kommen
er lauscht ihm nach
Ich glaube, dass Sprache und jegliche Zeichen mittlerweile durch einen zweifelhaften Gebrauch (Fake News, PR-Sprech, Politik) und durch die Entwicklungen der AI völlig diskreditiert ist, dass es nichts als eine Konvention ist, wenn Sprache in braven Versen zum Einsatz kommt. Dagegen setze ich in meiner Musik oft Wortfetzen und menschliche Äußerungen (Sport, Kopulation, Rülpsen, Furzen usw.), die sonst kaum zu hören sind…., fühle auch intensive Verwandtschaften zu Dada…...