Bio

Ulrich Bauer (ub), geboren auf der Schwäbischen Alb. Dann im Schwarzwald bei Pforzheim. Danach Murr bei Ludwigsburg. Von dort aus als einziger Junge in einer Gymnasiumsmädchenklasse. Abitur. Studium der Germanistik, Politikwissenschaft und Soziologie. Abschluss als Magister Artium. Nebenher Mitspiel als Sänger, Gitarrist und Keyboarder bei zahlreichen Bands und in vielen Konzerten. Songschreiber und Komponist, unter anderem für einen Musikverlag, für Image- und Werbefilme. Tätigkeiten als Hilfswissenschaftler an der Universität und Gelegenheitsarbeiter in vielen Branchen. Von 1990 an hauptberuflich als Freier Journalist bei Zeitungen, für Broschüren und Zeitschriften. Spezialgebiet: Pop- und Rockmusik. Ausstellungen kuratiert und bei Büchern als Autor mitgewirkt. Mittlerweile mehr ins Freie gestellt und unter anderem wieder Musiker, nun jedoch anders als zuvor.

Ich mag: Blau, Vanille, Geheimnisse, Neresheim, Nachtgewächse, Florenz, Musik, Stille, Steely Dan, Sophia Loren, Kirschen, Leonardo Da Vinci, Spiele, Caravaggio, Horizonte, Michelangelo, Geschmeidigkeit und Groove, Ives Klein, Paradoxa, Botticelli, Marylin, wenn Chaos, Herz und Verstand sich berühren, Paris, London, Barcelona, das "Andere", Rom, Katzen, Hunde und Vögel.

Was ich jetzt mache?

 

Ich schreibe kritische, "moralische" Texte, ich machte Musik und ich fotografiere.....alles kreatives Zeugs, das darauf abzielen will, sich nicht mehr instrumentalisieren zu lassen, ich schrieb einst meine Magisterarbeit über das Frühwerk Hermann Hesses und komme immer mehr auf mein Studium der Soziologie zurück, wobei mir das Studium der Politikwissenschaften auch einige Impulse mitgab, Germanistik habe ich weitgehend vergessen.......Die Betreuung meines alten Vaters, der sehr lebendige Austausch mit ihm, liegt mir sehr am Herzen und füllt mich mehr als gedacht aus. Doch dann starb er. Und in mir auch etwas. 


 

Streiflichter

Beruf? Einbiegen auf eine bürgerliche Laufbahn? Zu einer bestimmten Zeit wurde das relevant für mich. Man selbst machte noch im Unverbindlichen rum, war bereit, Dinge auszuprobieren, Optionen offen zu halten. Doch andere Leute schienen genau zu wissen, um was „es“ wirklich ging. „Was Nützliches“ solle man tun, so hieß es damals in meiner Umgebung. „Nicht denken, sondern handeln (machen)“. Das Wirtschaftliche das „Sich-Rechnende“ könne und müsse im Prozess des erwachsen Werdens die dringende Monopolisierung meiner unsteten Phantasie bewirken. Es gelte dementsprechend etwas zu tun, zu studieren, etwas darstellen, es „zu etwas zu bringen“, dafür „zielstrebig“ zu sein. Es gelte, sich in Machtverhältnisse begeben, die das scheinbar Unausweichliche symbolisieren. Es gelte, die Struktur der Realität dergestalt zu durchschauen, dass man sich anpassen müsse und darum wisse. Dass ich das alles nicht befolgt oder bedacht habe, mag sich heute rächen.


Armee? Die Schwierigkeit einer Armee ist die, dass man sein Gewissen nach hierarchischen Kriterien abgibt (immer weiter nach „oben“...). Das zeigt sich ganz deutlich, wenn ein Verrückter „ganz oben“ (Oberbefehlshaber) die Befehlsgewalt übernimmt. Diesem ist man dann total ausgeliefert. Damit hatte ich "beim Bund" meine Schwierigkeiten, was sich unter anderem darin äußerte, dass ich für Stubenbewohner persönliche Stellungnahmen schrieb und so bei ihnen für Kriegsdienstverweigerung sorgte. Mir tun aktuell die Wehrpflichtigen aus Russland leid, die nicht mal wussten, wie ihnen geschieht. Ich will und wollte mich und mein Verhalten immer erklären, auch, indem ich eine Abwägung versuchte. Demnach muss ich zur Kenntnis nehmen, dass die Welt (unabhängig von meinem Gewissen, von mir und meinen Überzeugungen…) so ist, wie sie ist. Also stolperte ich, der ich keiner Fliege etwas zuleide tun kann, zum Militär, wo ich nie befördert wurde. 

Für und gegen Bundeswehr? Ich scheine immer dazwischen gestanden zu sein, das tief liegende und auch in anderen Lebensbereichen für mich geltende Bestreben gehabt zu haben, das eine mit dem andern zu vereinen (was natürlich in diesem Fall nicht möglich war). Dementsprechend war mein Umgang mit Andersdenkenden immer freundlich, man hörte zu und versuchte allenfalls eine Art „konstruktive Auseinandersetzung“ zu führen. Das Parolen Schreien und Sich einreihen (etwa in Menschenkette) war nicht meine Sache. Stattdessen zog es mich damals zu Freigeistern wie Hermann Hesse hin, über den ich dann auch meine Magisterarbeit schrieb. Das Kollektive stand bei mir, aus meiner Sicht, unter einer Art Grundverdacht des Mitläufertums. Trotz meiner Herkunft aus einem Pfarrhaus war ich kein Pazifist. Ich wurde vom Kreiswehrersatzamt „gezogen“, kam zuerst zur Grundausbildung nach Immendingen und dann nach Münsingen, wo ich Kanonier wurde und das auch bis zur Entlassung blieb (d.h. jegliche „Beförderung“ blieb aus, ha ha). Was in meinen Augen auch für die Bundeswehr sprach: Ich wollte mich im „ganz realen Leben“ beweisen, wollte Dreck fressen und mit Leuten aus anderen sozialen Schichten zusammen kommen, etwas von anderen Lebenswelten erfahren. Dass dies später eine Art "Anti-Ideal" wurde, konnte mir nicht bewusst sein.  Am Ende meiner Zeit "beim Bund" blieb ich jedoch lange im Sanitätsbereich, wo ich versuchte, zahlreiche, wohl auch psychosomatisch bedingte Beschwerden auszukurieren (Unter anderem wurden mir die Mandeln entfernt).  „Wenn man etwas erreichen will, so muss man dafür einstehen…“ so höre ich heute die Botschaften aus zurück liegender Zeit. Dieses „Einstehen“ blieb mir, etwa für "Karriere" oder so etwas wie „Friedensbewegung“ und die damit verbundenen „Menschenketten“, immer fremd. Wohl ein Grund, wieso aus mir "nichts wurde".

Mich interessiert die Ausstrahlung, die vom Kern einer Persönlichkeit (Gewisse Psychologen, Literaten oder Philosophen nennen und nannten das den „göttlichen Funken“) durch wechselnde Gesichter (Selbst/Persona) und Masken hindurch zu erahnen ist. Schon früh brachte mich meine Neugier der Psychologie gegenüber auf diese Spur. Es gab danach eine Phase in meinem Soziologie-Studium, die dies stützte und mit dem Modell „Lebenswelt“ verknüpfte. Dass Rollenverhalten sozial bestimmt sein kann, steht wohl einigermaßen außer Frage. Die daraus resultierenden Folgerungen haben mich in diesem Studium beschäftigt und fallen mir bis zum heutigen Tag auf. Es war damals die Zeit der sozialen Reformen, die mich an die Universität spülte, wo ich also lernte: Soziale Rollen resultieren auch schon mal aus ökonomischen Verhältnissen. Konkret: Jemand, der in Deutschland von Grundsicherung lebt, hat wohl andere Ansichten und Perspektiven, Routinen und Auffassungen von „Normalität“, als ein Milliardär. Dies lässt sich durchdeklinieren durch die gesamte soziale Realität.

 

 

STREBEN

Ob das eine Art mystischer Aufgalopp war, was ich in meiner Jugend suchte, als ich stundenlang auf dem Piano improvisierte? Etwas, was ins persönlich Religiöse führte, was sogar darüber hinaus ging? Etwas Individuelles finden, ein intim gefärbtes Ziel suchen, diesen Antrieb hatte ich schon nach der Lektüre Hermann Hesse empfunden. Geradezu trivial ist, dass damals jeder dem Zeitgeist entsprechend sein persönliches und manchmal auch psychedelisch veredeltes Heil suchte. Möglichst noch so etwas wie Erleuchtung, die Pop- und Rockmusik samt ihrer ausführenden Personen („Love, Devotion and Surrender“) konnten einem da manche Anregungen vermitteln, die Literatur auch. Der Zeitgeist strebte in diese Richtung. Blöd nur, dass ich auf diesem Weg nicht sonderlich weit voran kam, jedenfalls nicht sicht- und nachvollziehbar für meine Umwelt (die dazu oft Drogen nahm und mich ununterbrochen dazu verführen wollte). Was für meine Umwelt zählte, war das Geld.

Und ich? Man klimperte, stümperte, improvisierte, und wollte dadurch in Kontakt mit etwas kommen, von dem man nicht genau wissen konnte, was es war. Am Lagerfeuer versagte man, man zuckte seltsam auf der Gitarre herum, riss an, verwarf. Man blieb in den Augen der Umwelt Stümper, was zählte, war eine Art Virtuosität, kombiniert mit angelerntem Gestus des von seinem Talent Beschenkten. Man nahm das schon wahr, dass man abstank, dass man keinerlei Beachtung oder gar Anerkennung erfuhr. Es verletzte einen. Also spielte man in 1000 Bands mit (wo ich mich bewusst unterordnete) und versuchte nebenher, sein eigenes Ding zu machen (wo ich meine eigenen Ideen verfolgen konnte, wobei mir jene Mitmusiker halfen, die sich einer Idee unterordnen konnten). Es wurde nix nach gängigen Maßstäben. Diese „gängigen Maßstäbe“ setzte alleine das Geld. Auch auf diesem Gebiet versagte ich radikal. Geld erschien mir als ein Medium all dessen, was ich auf diese und jene sanfte Art bekämpfte. Ich ließ mich in die Literatur fallen, hielt meine Optionen offen, empfing von dort aus neue Anregungen. Danach kam das Studium, aus dem nun wiederum neue und zusätzliche Anregungen erfuhr. Die Anregungen stießen mich seltsamerweise oft auf eine Realität, die von „Beziehungen“ (so nannte man damals noch das „Networking“) und Intrigen, von Gier und Trieb geprägt war. Man fühlte sich in die Rolle des Beobachters gedrängt und formte daraus später sein Verständnis von Journalismus, in das man mein Verständnis und meine Erfahrungen von Rock- und Popmusik einzubringen versuchte. Wiederum versprach man sich davon eine Art Ausstrahlungskraft, was sich aber wiederum als eine krasse Fehlkalkulation heraus stellte. 

Auch war man in einem solchen sozialen Zusammenhang (man fand sich im „Journalismus“ wieder) so etwas wie Mobbing und Karrierestreben ausgesetzt, was ich alleine schon aus meiner Erziehung gar nicht kannte. Später nahm ich mein altes Streben in der Musik wieder auf. Ich produzierte jahrelang vor mich hin und fand bestimmte Sachen gut, andere weniger gut. Doch ich konnte weder dies noch irgendetwas anderes „verkaufen“. Dass dies „Verkaufen“ insbesondere in einer schwäbischen Umwelt zählt und dass man sich dabei „hart anfassen“ lassen muss, gehört zu jenem, was ich der Folgezeit zu kapieren hatte. (ca.2023)