In Gehirne geströmt und verladen 

Streaming-Dienste? Haha. Haben durchaus ihre Berechtigung, sind unter den gegebenen Umständen vielleicht sogar notwendig. Aber wo sind sie denn, all die Klangliebhaber, die Heraushörer, die Kenner und Goutierer, die alle (eingebildeten und nicht eingebildeten) klanglichen Feinheiten hoch zu honorieren bereit sind? Jetzt geht ein weiterer großer Anbieter an den Start und den Leuten wird klargemacht, dass oft genug rappelig und zappelig popelige MP3-Dateien genauso gut seien, wie jene aufwändigen WAV-Dateien, die auf CDs zu finden sind. Und: die Beiträge, die pro Monat fällig sind, wenn jemand etwas bessere MP3s hören will, stehen wohl in einem bestimmten und durchaus wohlkalkulierten Verhältnis zu dem, was durchschnittliche "Musik-User" auszugeben bereit sind.  Ob es sich nicht lohnt, bestimmte Produktionen in besserer Qualität bei sich zuhause zu haben? Ob es die gekonnte Auswahl macht? Nicht vom Internet und seinen gelegentlichen Launen  abhängig zu sein? Ganz bestimmte und liebevoll ausgewählte Titel mögen sich dafür natürlich eignen, - nicht aber das Wegwerfmaterial, das die Tonträgerindustrie täglich überwiegend auswirft. Radios und Programme, die sich mit der Zeit immer mehr dem Musikgeschmack des „Konsumenten“ anpassen? Haha. Wem dies gefällt, dem gefällt auch jenes...? Ob diese Vorgehensweise tatsächlich den Geschmack eines aufmerksamen Hörers trifft?

Womöglich schon. Unberechenbarkeit steht schon längst nicht mehr hoch im Kurs. Algoritmen rechnen Wahrscheinlichkeiten in Gehirnen aus. Zur Masse der Verbraucher gehören will natürlich niemand, implizit ist's vielleicht aber trotzdem so. Auf allen Gebieten des Alltags. Aber wie steht's um den Trend zum Besseren? Zum liebevoll Gefertigten vs. Datei? Um die genau gezielte Aufmerksamkeit einem ganz bestimmten Künstler, einem künstlerischen Konzept gegenüber? Um solche Dinge wie Auflösung und Räumlichkeit? Wo sind die, die nicht mehr mitkommen (wollen) bei all der digitalen Beschleunigung, die ihre Anonymisierung und vielgestaltigen Entwertungen nicht mitmachen (wollen)? Die Wert auf einen aufmerksamen, intensiven und nachhaltigen „Konsum“ legen, die gegen diese turbo-beschleunigten Durchlauferhitzer der digitalen Art sind? Kann Musik überhaupt ein digitales Verbrauchsmedium sein, oder verlangt sie, (wenn man etwas von ihr will), ein gewisses Maß an Verstehenwollen von etwas genau Bestimmten und ein Sicheinlassen mit einem angemessenen Zeitaufwand? Und machen Vinyl- und CD-Alben nicht immer noch etwa 70 % des Umsatzes der Tonträgerindustrie aus? Werden sie nicht fortwährend von den Deutungshohheitsträgern als sterbendes Medium verteufelt? Wer will sich eigentlich dafür, dass er beharrlich das Bessere sucht, von den ach so Neuen Medien fortwährend diskriminieren oder finanziell unnötig melken lassen? Für vermeintliche Vorteile, die sich alsbald als Nachteile herausstellen?  

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