Was ich gerade höre:
Wer ist denn Eno? Brian Eno? Ein Guru der elektronischen Musik, der zum Anfang seiner Karriere mal als Keyboarder festes Mitglied bei Roxy Music war und später als vielbeschäftigter Produzent, u.a. für U2, bekannt wurde? Ein Musiker, der sich gerne in Duetten präsentierte, mit Fricklern, Künstlern und Rockmusikern wie Bob Fripp? Ein Musiktheoretiker, der uns all die Jahre so viele Anstöße gab, dass wir sie nur dumpf verarbeiten konnten. Immer hatten wir das Gefühl, wir sollten uns konkreter mit ihm auseinandersetzen, ihn irgendwie dadurch zu fassen kriegen. Er entwischte immer wieder wie ein Fisch im Wasser, entwand sich, scheinbar glitschig aus einer anderen Welt kommend. Überliefert ist von ihm, dass er sich damals, gegen Ende seiner Zeit bei Roxy Music extrem langweilte, was schließlich zu seinem Ausstieg geführt haben soll. Eno als Livemusiker, das ist auch aus heutiger Zeit schwer vorstellbar. Es kommt einem so vor, als sei er nie ein Reproduktionstechnokrat gewesen und habe stets vor lauter neuen Ideen gesprüht. Dass er sie Bands wie U2 oder Coldplay hat zukommen lassen, könnte einerseits als so etwas wie einen erstaunlichen Abweg interpretiert werden, andererseits seine prinzipielle Offenheit belegen. Jedenfalls ist er in der Popgeschichte eine sehr einflussreiche und bekannte Figur geworden, die sich immer wieder den gängigen Schablonen entzogen hat.
Jetzt ist eine Wiederausgabe seiner Scheibe "The Drop" von 1997 herausgekommen, dem Original gegenüber mit einer kompletten CD und einem netten Booklet erweitert . Und schon wieder werden wir hineingezogen in eine Folge von Sounds und Fragmenten, die alle zu suchen scheinen, - und das nicht nur einem oberflächlichen Wohlklang entlang, wie all die Beispiele aus einer Ambient Musik, der Eno die wichtigsten Anfangsimpulse gegeben hat. Aber er wollte ja sowieso nie tun, was alle anderen tun. Er wollte andere Wege gehen und fand dazu mannigfaltige Möglichkeiten. So bezog er oft die Sphäre des Visuellen mit ein, das Sichtbare, nicht nur das Hörbare. Er brachte Bilder auf seine Musiker zu, versuchte sie damit anzuregen. Er schuf Tonfolgen für Ausstellungen, wovon auch die Doppel-CD "The Drop" auch auf ihrer Bonus-Zugabe zeugt. Wir werden hineingezogen in scheinbar fremde Bezüglichkeiten, die aber doch zugänglich bleiben. Eno schließt damit auch an an eine Zeit, in der Rockmusik noch Abenteuer war. Erstaunlich, wie gut sich die Bonus-CD an die eigentliche Neu-Ausgabe des Albums "The Drop" reiht. Ein klein wenig rücken wir damit Eno näher, seiner Vorstellungs- und Ausdruckswelt. Glasige Klänge und funkelnde Klangkaleidoskope schaffen einen Raum, der aber deutlich dichter von Klängen und Rhythmen bevölkert ist, als etwa seine 2012 erschienene Produktion "Lux". Es funkelt bei ihm. Und irgendwie schafft er es, dass wir Impulse von ihm und seinen Produktionen empfangen. Wie das geht? Wir müssen es bei jedem seiner Alben erst allmählich herausfinden.
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