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Zielgruppen?

Offenbar machen sich viele junge Musiker Gedanken über die Leute, die ihre Klänge konsumieren sollen, also die Zielgruppe. Zudem wird gerne noch die Situation definiert, in der konsumiert werden soll. Bei der etwas älteren Generation hat sich das von selbst reguliert (was schon länger nicht mehr der Fall ist): diejenigen Leute sollten angesprochen werden, die die gleichen Hör- und Generationserfahrungen wie die Erzeuger hinter sich haben, die insofern dasselbe Alter haben und – das ist gerade heute offenbar nicht mehr common sense – eine gewisse Offenheit für „andere“ Klänge, Klangarchitekturen, Klangabläufe, Motivationen. Ich lese, dass es ganz nett sein kann, wenn man die Stücke daheim auf der Anlage höre. Aber in Witrklichkeit sei das anders gemeint. Meine eigene Musik sehe ich da nicht so eindeutig gemeint. Sie scheint einen gewissen „Chill“-Faktor zu haben, kann aber genauso daheim auf der Anlage gehört werden. Es braucht keine – wie auch immer geartete – Gemeinschaft dazu. Das gehöre auf die Straße - so lese ich beispielsweise. Ich dagegen weiß nicht so recht, ob meine Musik auf die Straße gehört. Sie hat schon auch Körperliches in sich, entwickelt sich oft auf einem Groove. Gleichwohl scheint sie auch viel Soziales in sich zu bergen, dem Aufmerksamkeit gut tun würde. Es ist etwas Anderes, als das, was nur als zum „Abfeiern“ auf der Straße oder im Club (früher sagte man da „Disco“ dazu) oder der vielbeschworenen „Party“ da ist. Die jungen Musiker wollen ihr Publikum alles um sich herum vergessen lassen. Sich in den eigenen Kosmos hineinbohren. Vereinzeln. Das könnte etwas mit Neoliberalismus zu tun haben. Darin kommen diese jungen Musiker gut mit dem deutschen Schlager zusammen, dem das immer unterstellt wurde und den ich auch so erlebt habe. Heile Welt und alles um sich herum vergessen, Spass haben: ein Wahlspruch jeglicher eskapistischer (auf Flucht programmierter) Musik. Hedonismus um jeden Preis. Ich will das nicht. Zumindest nicht in dieser Ausschließlichkeit. Ich will einen anderen Grad an Bewusstheit. Ich will, wenn möglich, auf eine andere spirituelle Ebene entführen. Ich will mich äußern und entäußern. Ausdrücken. Dadurch einer von vielen sein. Ich will zurück zu einem anderen Klangempfinden. Das Ursprüngliche (gegenüber dem Elaborierten und Elitären, das aus akademischen Hochschulen drängt). Ich will den Spass, den der Steinzeitmensch an gestalteten Klängen hatte. Ich will solche Klänge auch heute um mich herum aufnehmen und auf meine Weise verarbeiten.  

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