Stimme und Ausdruck

Jetzt ist Aretha gestorben. Ray Charles und James Brown sind schon lange tot. Was faszinierte uns an ihnen? Weil sie Soul als Seele hatten. Tiefe Empfindung. Starke Stimmen, die uns beeinflusst haben. Weil sie Extremes zum Ausdruck brachten. Weil sie auf ihre Weise zu uns vordrangen. Klar, am Ende konnten sie auch gut singen. Aber im Wesentlichen war es ihre Stimme, ihr ureigener Ton, der uns überwältigte. Das, was sie emotional übermitteln konnten. Die per Gospelchor geübte Aretha hatte noch einen gewissen feministischen Unterton, der uns alle gefiel. „Respect“. Auch wenn es bei der Formel, bei der Stimme blieb... und hierzulande kaum jemand über das Inhaltliche nachdachte. Es war ein schöner Verlauf, ein berührender Song, der gewisse Situationen und Gefühle einfing. Eine tolle Stimme. Das Sinnliche. Ob es in diesem Falle ablenkte? „Respect“ stand für ein gewisses Aufbegehren dem latenten und offenen Rassismus gegenüber. Es wollte, so mochte es manchem vorkommen, auch eine Botschaft transportieren. Ob das geklappt hat?

 

Zweifel mögen erlaubt sein. Vielleicht ist es ein Weg solcher Gestalten gegenüber die Gegenrichtung einzuschlagen. Einen betont lässigen, dem Alltag entrissenen Gesang zu versuchen, mit anonymisierten Stimmen, im Vordergrund und im Hintergrund. So, wie die Realität es malt und klingen lässt. Vielleicht auch mal dünn, schwach und begrenzt. Und nur in Fetzen verständlich. Ob wir skeptisch dem gegenseitigen Verständnis gegenüber geworden sind? Keine Bemühung, Power zu erzeugen. Eindrucksvoll durch sich selbst sein. Und das als Modell vortragen, nachdem uns die Kopien der Kopien ausdrucksstarker Stimmen so gelangweilt haben. Neuer Minimalismus. Vielleicht. Wie schon erwähnt, - eine Möglichkeit.