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Persönliches Einheizen

Ich las neulich eine Posse, in der jemand, der für eine Zeitung als Kritiker unterwegs ist, sich lustig machte über die Formulierung „sein persönlichstes Album“. Ja klar, das war auch bei uns ein Running Gag, über den man sich nicht mehr einkriegte. Wenn dann von Live-Konzerten die Schreibe war, so war bei eher unbedarften Geistern des Alltagsgeschäfts stets zu lesen, wie sehr doch die Band (oder der Künstler) dem Publikum „einheizte“. Haha. Darüber muss ich auch heute noch grinsen. „Worüber man nicht reden kann, darüber soll man schweigen“, dieses und viele andere abgegriffene Zitate von gutbürgerlichen Philosophen fallen einem dazu ein. Man lachte jedenfalls heftig ab, wenn einem solche Formulierungen unter kamen. Es scheint Klischees der Akzeptanz von künstlerischen Bemühungen zu geben, die auf mehr oder weniger blümerante Weise zu signalisieren scheinen, dass der Autor mit dem akustischen Ereignis so richtig gar nichts anfangen kann. Dass er versucht, das jeweilige Ereignis in seine eigene Lebens- und Erlebniswelt einzulehnen. Dass er gerne kollektive Redewendungen verwendet, über deren Bedeutung er sich nie wirklich Gedanken gemacht hat, - genauso wie das Publikum, das solche „Ereignisse“ genauso wie ihre populären „Kritiken“ zu goutieren scheint.

Gerade bei der Popmusik scheint es so zu sein, dass sich ein Ereignis mehr oder weniger mühelos in eine bestimmte Erlebniswelt einfügen sollte. Etwas ist gut, wenn es „abgeht“. Super. Voll geil. Das „heizt“ dann „ein“. Das stimuliert offenbar etwas Kollektives. „Ein Rhythmus, bei dem jeder mit muss….“ hieß es früher etwas abfällig im Bildungsbürgertum, dessen hoch subventionierte Bildungsmusik natürlich nicht abgehen musste. Es genügte in diesem Falle vielmehr, wenn Musik weitgehend unverständlich und also „künstlerisch“ war. Distinktion, - sich absetzen von der Masse.... so die elitäre Funktion. Die Masse freilich schien eine Art „Mehrwert“ für sich aus der Musik generieren zu wollen. Es musste so richtig abgehen. Es musste ein Stimmung entfacht werden. Je mehr Stimmung, desto besser….. es musste und sollte populär sein. Man musste mitsingen können, mitschunkeln, die Feuerzeuge oder Smartphones schwenken, man musste den Alltag vergessen können, man musste einfach Spass haben",..... ja, das musste schon möglich sein. Ein akustisches Erlebnis nicht zu reflektieren, sondern es in eine populäre Mainstreamwelt überführen zu versuchen, dies schien mir eine Grenzlinie zu markieren zwischen einem "Bericht" und einer "Kritik". Da musste man drüber kommen. Das war einem als Aufgabe gestellt. Schließlich wollte man die reale Welt samt ihrer akustischen Absonderungen (besser) verstehen. Doch mit was hatte man sich auseinander zu setzen? Hauptsache mitmachen, Hauptsache das Gefühl, dabei zu sein. Erst linke Hälfte des Publikums, dann rechte Hälfte. Dann beide zusammen: mitsingen, mitmachen, mitklatschen…...Stimmung! Was konnte man jetzt daraus machen, wie konnte man so etwas "reflektieren"? Hier fing erst die Schreibe über Musik für mich an. Solche Mechanismen bedeuten etwas, etwas , was für den jeweiligen Künstler möglicherweise typisch war. Möglicherweise. Möglicherweise aber auch für populäre Musik insgesamt.....