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Marketing für Massen

Es kommt mir so vor: Mittlerweile ist diese ganze Phase, als Rockmusik noch etwas aussagte/bedeutete, selbst zum Zitat geworden. Ein Zeichen für eine Zeit, die unzählige Reunion-Bands noch einmal zu zitieren versuchen, die sie nachträglich zu versilbern versuchen, in einer heutigen Zeit, in der der „Markt“ (und die Möglichkeiten, ihn zu erschließen und auszubeuten, ihn zu "bearbeiten“) sehr viel größer geworden ist. Es regiert eine Art von Humor, der nichts mehr ernst nimmt und nur noch das schnelle Vergnügen sucht, den Leuten den großen Gegenentwurf vorspielt und dafür die (geldwerten) Huldigungen entgegen nimmt. Ich lese das Interview mit einem höchst erfolgreichen Popstar, der auf seine bald 25 Jahre einer Karriere zurück blickt, und der für den in dieser Zeit erworbenen Reichtum vergöttert wird. Seine Masche: die dümmsten und hirnlosesten Sprüche als Parole eines Refrains, bei dem jeder mit muss. Dada als Marketing-Konzept. Es klappt gut und er wird auf diese Weise zum globalen Klassiker, der noch immer auf der ganzen Welt großen Erfolg hat.

Er führt vor, was er gerade liest und erwähnt, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun habe. Es wird ihm gesagt, dass er ja sogar mal für den KGB gespielt habe und er entgegnet, dass das verdeckt gewesen und ihm überhaupt nicht bewusst gewesen sei. Und im Übrigen sei das den Scorpions auch schon mal passiert. Außerdem was Grundsätzliches, das ich hier in diesem Blog zuvor schon einmal habe einfließen lassen: „Ich sehe den Künstler als Gegenentwurf zum Alltag mit seinen ganzen Problemen. (….) Einfach mal raus aus dem ganzen Schlamassel. Das ist Sinn und Zweck unserer Musik, sie soll nicht politisch sein“. Ob sich da die Frage erhebt, was denn überhaupt „politisch“ sein soll oder sogar ist? Jeglicher Impetus (außer dem zum Spass) wird konsequent desavouiert. Haltung zur Welt, außer der des Konsumierens, ist verpönt. Das Schlimme daran ist, dass sich das ein sehr großes Publikum verkaufen lässt. Ja, dass es sich das zur eigenen Religion macht. Derweilen spielen alte Rockbands oder Formationen, die den eigenen Mythos noch einmal meistbietend verhökern, zum letzten Mal, wie sie meist vorgeben aber dann doch nicht einhalten. Ich lese zudem, dass der "Hiphop"-Fußballer Jerome Boateng sich von Jay-Zs Leuten vermarkten lässt und eine eigene Brillen-Linie samt anderen teuren Hipster-Sachen entwirft. Dass er damit in der Tradition des von tausend globalen Konzernen optimal vermarktbaren David Beckham steht, der als Role Model für den sogenannten Metrosexual stand, soll ihn anscheinend besonders ehren. Crossmarketing im Freizeitbusiness. Immerhin: Dass dieser Boateng ordentlich Fußball spielt, unterscheidet ihn von Beckham, der jüngst auch einen Fußballclub gegründet. hat. In diesem Kosmos der Freizeitaktivitäten ist die Musik selbst höchstens noch eine austauschbare Sache, die von einem Stab von Spezialisten zum Nutzen und Frommen einer Marke erstellt wird. Popphänomene. 

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