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Das Große im Kleinen

Was ich gerade höre: Da wehen weiche Gitarrenklänge dahin, sehr räumlich angelegt, in sich selbst ruhend in einer wunderbaren Mitte zwischen Jazzgitarrenkönnertum und direkter Empfindung: schon der erste Titel „It should have happened a long time ago“ fängt mich ein, lässt mich zuhören, nimmt mich weich mit in meine eigene Neugier, was aus der Situation entstehen könnte. Und: erspendet Trost. Bill Frisell spielt sehr glaubhaft Entschleunigung, er wagt es diesmal zusammen mit dem Bassisten Thomas Morgan, sein eigenes Tempo zu finden. Er spielt auf den meisten seiner Produktionen einen unverzerrten, reinen Ton, den er freilich in eine sehr räumlich wirkende Digitalisierung schickt. Es entsteht schon vom Ton her eine große Klarheit, die auch seine neue Produktion „Small World“ zusammen mit Thomas Morgan prägt, der großartig unaufdringlich, sehr einem Klangbild entsprechend begleitet. Die musikalischen Experimente hat Frisell gemacht, er war im Jazz einst in Richtung auf Freejazz unterwegs, bezog aber fast immer auf irgendeine Weise die großen und kleinen amerikanischen Mythen in seine Kunst mit ein. So näherte er sich mit der Zeit immer mehr einem melodischen Spiel, das mit Country und Bluegrass genauso zu tun hatte wie mit den großen Musicals oder Soundtracks aus Filmen. Natürlich hat er den Jazz intus, schließlich studierte er einst bei Jim Hall. Diesmal bildet seine Umspielung des Themas aus dem Film „Goldfinger“ den Abschluss der Titel. Als wir damals im US-amerikanischen Nordwesten unterwegs waren, hörten wir die Musik von Bill Frisell: Washington, Oregon und oben Kanada. Zu deren spezieller Weite passte das, da fügte es sich ein, da war es ganz offensichtlich eine Untermalung, die sich einschmiegte und dazu gehörte. Ob tiefgehende Musik oft mit einem ganz bestimmten Raum zu tun hat? Einer der sehr schönen Momente dieser Reise, die ich später daheim per Musik wiederzuholen versuchte. Das neue Album der beiden ist live aufgenommen, im Jazzclub Village Vanguard, der ja nicht nur in der Jazzszene einen guten Namen hat. War das Konzert mehr oder weniger improvisiert, oder war es konzipiert? Solche Künstler können solche Grenzen natürlich verwischen lassen. Eigentlich spielen sie auch keine Rolle. Es zählt, was aus den Boxen kommt. Und dafür lohnt jeder Aufwand. Ich selbst habe die Scheibe natürlich als CD, ganz normal gekauft. Ich will das Optimum von ihr. Ich kann es ja zugeben: ich freue mich, dass ich diese CD habe.