Ich lese Biografisches über die Band Ton, Steine, Scherben und bewundere die Haltung dieser Musiker. Sie war wohl an gewissen nicht kollektiv vorgegebenen Werten orientiert, was heutzutage ziemlich selten geworden ist. Ihre erste Platte hieß wohl „Warum geht es mir so dreckig?“, gefolgt von „Keine Macht für Niemand“. War Rio ein Sänger (er hatte doch eine typische wiedererkennbare Stimme!)? Oder ein Poet? Rio Reiser jedenfalls wollte auf seinem Solo-Debüt „König von Deutschland“ werden, was wohl sein Streben nach der Existenz eines Popstars genau wie seine Verzweiflung und seinen Niedergang auf den Punkt bringt. Denn Am Ende waren T,S,Scherben wohl ziemlich abgebrannt, hatten eine Menge Schulden angehäuft und lebten in einer Art Kommune in ständigen Geldsorgen. Auf der linken politischen Seite hatten sie sich offenbar durch ihre Mitwirkung bei Hausbesetzungen beliebt gemacht. Die Zeiten hatten sich geändert. Was jetzt gefragt war, war eine verkaufsträchtige Single. Sich und ihre Lizenzen zu verkaufen hatten sie aber lange abgelehnt, mit dem Argument, ihre Unabhängigkeit nicht verlieren zu wollen. Hut ab!
Ganz anders Rio mit seiner „Solo-Karriere“. Rio Reiser hatte unter anderem schon früh gezeigt, wie das Private öffentlich werden und Poesie wirkmächtig werden kann. Es war aber rund um diese Leute und die um sie kreisenden Vorgänge alles eine ziemlich verquere und schwer zu kapierende Geschichte, die wohl auch in der Abneigung gegen Großkonzerne und deren Hang zur Ausbeutung gipfelte. Ziemlich typisch scheint mir auch das Angeben einer Person, die als Managerin fungierte und es in der politischen Welt weit gebracht hat. Wenn sie jetzt in der Öffentlichkeit auftritt, scheint sie bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit mit ihrem alternativ subversiven Erbe anzugeben und jene Stimmen einzufangen, die sie so weit gebracht haben. Wohlgemerkt: So scheint es mir! Vielleicht war alles auch ganz anders. Rio hatte ein schwaches Herz. Der 20. August 1996 war sein letzter Tag. Titel von T,S, Scheiben und Rio: „Jenseits von Eden“, „Junimond“, „Alles Lüge“, „Der Traum ist aus“.