· 

Durch die Luft

Meist nehme ich mir erst die „Walkie Talkie“ und lasse sie mit ihrer ganzen schönen Teilnahmslosigkeit durch die Wohnung strömen. Es ist ein Automatismus. Beeinflusst mich das? Sich hinein fallen lassen in müde Gleichgültigkeit? Etwas Edles in sich hinein dudeln? Nein, ich kann mich abgrenzen. Es ist ein Modell, eine Möglichkeit. Nicolas Godin und Jean Benoit Dunckel sind Air. Duo. Sie wurden mit ihrer scheinbaren Coolness immer wieder mit Werbeagenturen etc. in Verbindung gebracht: chice Musik, die sich über die eigene Gleichgültigkeit und wie sie eingesetzt wird, mokiert. Designer-Pop. Es ist kein Beklagen. Es ist eine Art „Sich-Lustig-Machen“. Lahmes Kritisieren. Hoffen wir mal. Die Popmusik hat ja diesbezüglich oft getrogen und belogen. Sie kamen ja aus Paris, was mir alleine schon gefiel, wurde diese Stadt in ihrer Bedeutung für die populäre Musik lange Jahre zu sehr herunter gespielt. Nachdem auch Daft große Hits gelandet hatte, galt die Stadt ein paar Jahre lang als Mittelpunkt der Popwelt. Jetzt ist alles zu einer einzigen Sauce ineinander geflossen. Bedeutungen sind zerrieben.

Schon damals war alles nur noch ein Verweis, oder ein Zitat aus anderen Zeiten. Analoge Synthesizer galten zu dieser Zeit als besonders hip. Sie waren bei ihnen oft raffiniert eingesetzt. Elegante Basslinien kommen an mein Ohr. Ob man ihnen anhört, dass Nicolas Godin Bassist war? Ich sah sie mal live, da zelebrierte er diese Rolle ganz in Weiß gekleidet. Nebenher klang aber auch eine Akustikgitarre, was ja so recht eigentlich auch sein Job war. Wie ging das zu? Ich weiß es nicht mehr. Jetzt bin ich in „Moon Safari“, was ja einst hoch gelobt wurde und auch einen eigenen Sound hat. Später haben sie sich in ihren Alben verirrt, wobei sie nicht die Ersten waren, denen so etwas passiert. Sogar Pink-Floyd-ähnlichen Kram haben sie eingespielt. Schauderhaft. Ich füge meine damalige Besprechung aus dem Jahr 2012 zur Verdeutlichung an: „Nochmal zum Mond - das Duo Air macht Musik zum (Stumm-)film - Nicolas Godin und Jean Benoit Dunckel alias Air haben ein neues Album. Sie haben es als Soundtrack für den 1902 entstandenen und jetzt nachcolorierten Stummfilm „Le Voyage dans la Lune“ von Georges Méliès produziert, weshalb ihr knapp 32minütiges Werk jetzt auch so heißt. Gut abgefederter Luxus-Lounge-Pop wie in ihrem sehr erfolgreichen Debüt „Moon Safari“ ist das nicht. Sie haben für ihre Filmfantasie wieder einmal den alten Krautrock hervorgeholt und ihn aus heutiger Sicht neu poliert, was ihr Tun von den unzähligen Tracks der elektronischen Clubmusik immerhin abhebt. Wir hören die gewohnten Chöre gelegentlich hereinschweben und Pauken knallen auch mal in den Ohren, es gibt Synthesizer-Schlieren und ein paar nett integrierte Geräusche. Was zusammen mit dem Stummfilm noch funktionieren mag, entwickelt als eigenständige, im stillen Kämmerlein abgelauschte Musik höchstens eine angenehme Langeweile. Ach ja, Air: die können sich das erlauben. Als Idee ist das alles auch ganz nett. Ein bisschen mehr Aktion wäre aber auch nicht schlecht gewesen. Futter fürs Ohr. Anreiz. Motive, die nicht nur ohne Bild versagen und in sich selbst versacken. Air: Le Voyage dans la Lune. Emi Music.“