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Wir rocken das

Es scheinen sich Klischees und Schablonen bezüglich der Rockmusik herausgebildet zu haben im öffentlichen Raum. Dies scheint mir auch seine sprachliche Seite zu haben. So stelle ich immer öfter den Sprachgebrauch „Wir rocken das Haus...“ fest. Rockmusik, vor allem in seiner Heavy Metal-Spielart scheint zum Synonym für wüste Lebenskraft und rauhe Unangepasstheit geworden zu sein, tatooübersät, laut und wild aussehend. Dabei scheint mir genau dieses Auftreten genauer Berechnung zu entspringen, es scheint mir auf ein Bedürfnis in dieser Gesellschaft zu reagieren, um damit vor allem Geschäfte zu machen. „Rocken“ heißt in diesem Sinne: überwältigt sein, hinein gezogen in etwas Rohes, in eine Kraft, die uns Menschen entspringt. Die Nähe zum Karneval mit seinem Entfliehen der bürgerlichen Rollenzuweisungen scheint mir hier durchaus gegeben. Doch genau wie beim Karneval scheint es mir dabei ein herbes Erwachen zu geben, den Tag danach, an dem alles wie immer seine Bahnen entlang läuft, die überschüssige Energie scheint mir an die institutionalisierten Blitzableiter abgegeben zu sein: Die Psychoanalyse würde so etwas vielleicht „Sublimation“ nennen.

Und so scheint es mir mit dem Heavy Metal auch zu sein: Star-Personen scheinen etwas auszuleben, das latent in uns allen schlummert und das sie stellvertretend vorleben, nur um später dem alltäglichen Leben umso eifriger und durch die Abführung gewisser Energien ungebremster nachgehen zu können. Ich bezweifle zudem, dass die Leute dieses Sprachgebrauchs auch nur eine entfernte Ahnung davon haben, was Metal alles bedeuten kann. Das in jeder Hinsicht Kratzbürstige dieses Stils scheint bei Ihnen keine Rolle zu spielen. Sie scheinen mir einer lockeren Verallgemeinerung aufzusitzen, die sich zunehmend ausbreitet in einem bestimmten Bedeutungsraum. Dabei scheint mir das, was „rocken“ bedeuten könnte, viel differenzierter zu sein. So gibt es in der zugunsten einer kommerziellen Popmusik untergegangenen Rockmusik unzählige Spielarten, denen man auch das Attribut „rocken“ zuschreiben könnte. Man könnte es als differenzierter beschrieben, als vielgestaltiger, unter anderem auch als Versuch, das Wilde Ungezügelte mit dem Überlegten und Bewussten zusammenzubringen.