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Mit dem Pedal

Direkt neben Ry Cooder stehen die Alben von Daniel Lanois. Ich greife „Shine“ und „Here is what is“, habe aber daneben noch weitere Alben stehen. Die meisten Leute kennen ihn als Produzenten von U2-Alben, neben denen er als Produzent unter anderem noch Bob Dylan („Oh mercy“, „Time out of mind“) oder Peter Gabriel („Us“) und Emmy Harris als Referenz vorweisen könnte. Ein Starproduzent, fürwahr! Mich selbst haben seine Soloalben weitaus mehr interessiert, als diese Vorzeigenamen der alten Säcke. Darauf zieht er als lautmalerischer Pedal Steel-Gitarrist seine ruhigen Kreise, entwirft Klangbilder, die ihn auch schon als Soundtrackproduzenten für Starregisseure wie Wim Wenders qualifizierten. Seine Sachen sind meist von einer gedämpften und gleichzeitig abgeklärten Traurigkeit, auf die der zumindest zeitweise genutzte Wohnort mitten in der Wüste von Arizona abgefärbt haben könnte. Diese Wüste dort ist auch von keiner aufgesetzten Fröhlichkeit, entpuppt sich aber je länger desto mehr als eine Art „magischer Ort“, dessen Schmucklosigkeit heilsam ist für jemand, der aus der Überflussgesellschaft kommt. Ob so etwas abgefärbt hat?

 

Entspannter Rückzug scheint hier angesagt, die materiellen Voraussetzungen dafür wird er sich wohl als Produzent längst geschaffen haben. Schnell ist herauszuhören bei ihm: Er vertritt kein digitales Konzept, das im Heimstudio schnell zusammen gezimmerte Demo wäre ihm suspekt, er steht wahrscheinlich mehr auf die aufwendig analog produzierten Breitwandformate, die die technischen Gimmicks eher versteckt untergehen lassen in einem Gesamtkonzept. Dazu scheint für Lanois zu gehören, dass er im Studio „magische Momente“ einfangen will, die für die richtigen Vibes sorgen und der Aufnahme eine Art Geheimnis geben sollen. Dazu setzt er oft relativ einfache Songstrukturen ein, die er jedoch vielgestaltig ruhig akustisch und mit sehr versierten Begleitern ausmalt. Eine oft uneitle und meist heftig untertreibende Band entwirft ihm dazu atmosphärische Strukturen und einen groovenden Beat, sie scheint seiner Vision folgen zu können. Dass dabei die von ihm oft zelebrierte Pedal Steel Gitarre eine wichtige Rolle spielt, macht seine Alben besonders wertvoll. Wer die Pedal Steel als ein bevorzugt in der Country-Musik eingesetztes sentimentales Instrument sieht, sollte unbedingt in Lanois’ Alben reinhören und seine Vorurteile korrigieren. Darauf ist dann meist auch Brian Blade (Gastmusiker sehr vieler Produktionen, u.a. Herbie Hancock, Joni Mitchell) zu hören, ein unglaublich sensibler und gleichzeitig sehr versierter Drummer, dessen Tracks von Lanois oft in den Hintergrund gemischt wurde. Wer die High Tech-Produktionen der amerikanischen Cracks des Zeitgeists gewohnt ist, wird Lanois Alben im ersten Eindruck für unterproduziert, langweilig und geradezu einfältig halten. Es entfaltet sich jedoch für den, der sich auf sie einlässt, ein eigener Charme, eine Anziehungskraft, ja eine Magie, die sich auch auf kommerziellem Parkett durchgesetzt hat (Die Soloscheiben verkauften sich eher lausig, sein Soundverständnis brachte er jedoch bei Dylan oder U 2 ein). Mit dem eingängigen Refrain von „Power of one“ gehe ich raus aus seiner Klangwelt, die mich mit ihrer eigenen Klangsprache sanft umstrickt und umschmeichelt hat.