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Gefühlig

Was ich erlebt habe: Dass bloßes andächtiges Beweihräuchern der Emotion etwas vortäuschen sollte beim Kritiker. Betont oberflächliche Kategorien wurden so dem Pop gemäß eingesetzt, dem Pop, in dem das Überwältigt sein und die Anbetung von „Stars“ sowieso eine große Rolle spielt. Worum es geht? Ergriffen sein um jeden Preis. Projektion. Ich sehe darin auch eine große Eitelkeit, denn ich führe mich, - eigentlich sondere ich so etwas als "Meinung" ab, - als Gradmesser der Emotionalität vor. Ich bin derjenige, auf den es ankommt. Lobe ich, so ist es gut. Tadle ich, so ist es schlecht. Meine Naivität zeigt es stellvertretend: bewegend soll es sein – und ich bin der Indikator. Meine Ahnungslosigkeit ist dabei sakrosankt.

Eine größere Eitelkeit ist für mich kaum vorstellbar. Gleichwohl scheint so etwas von gewissen Leuten goutiert zu werden. Sie scheinen Orientierung zu brauchen. Ich war da stets auf Abstand. Es war mir fremd. Ich versuchte zu objektivieren, quer zu schießen, nicht die Mehrheit der Hipness nachzustammeln, versuchte, hinter Kulissen zu schauen, aufklärerisch vorzugehen. Ich versuchte meine eigene Einstellung dazu zu gewinnen, was ich erlebte. Ich versuchte abzuwägen. Ich wurde skeptisch mir selbst gegenüber, ließ Ironie walten, wenn mir die Emotion (und nichts als das!) durchging. Dieses hippe „auf-der-Welle- des-Zeitgeists reiten“ war mir zuwider. Gerade dann wurde ich umso aufmerksamer…….Ich? Autismusverdacht.

Mir wurde immer wieder bewusst, wie viele Dimensionen das hatte, über das ich zu schreiben hatte. Was mein großer Fehler war: Ich nahm das ernst. Ich versuchte die unterschiedlichsten Kritiken aus unterschiedlichen Zeitungen zu lesen, versuchte ihre jeweilige Perspektive zu ergründen. Nicht zuletzt meine Beschäftigung mit der Soziologie hatte mir einen gewissen Abstand („das kalte Auge“) auf das Geschehen nahe gelegt. Die Massenbegeisterung zu beobachten, sie zu beschreiben, sie zu analysieren versuchen - sie aber nicht zu teilen, im Gegenteil: sich fremd zu fühlen. Darum ging es mir. Dafür musste ich mich oft und heftig kritisieren lassen. Mir reichte es, besser zu verstehen, indem ich mich mit etwas beschäftigte. Teilen musste ich das nicht, um es nachfühlen zu können. Die emotionale Ebene, gewiss. Nur: für mich war das eine Perspektive unter vielen.