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Integrationsfalle (1)

Ach ja, wenn wir zurückblicken, dann erinnern wir uns, dass die sogenannte „Integrationsfalle“ schon einen Inhalt für unser Soziologie-Studium abgab. Das System nimmt subkulturelle Signale auf, integriert in sein Zeichensystem, macht sie zur Mode, deutet sie als „chic“ um und versucht, sie zu vermarkten. Heutzutage sind ja ganze Scoutingabteilungen unterwegs, um Trends aufzuschnappen und sie für das Design einer Firma nutzbar zu machen. Doch wir standen an der Seite, als wir dasselbe einst mit allem, was Punk angeht, beobachteten. Hippie, Flower Power und 68er waren da schon vorbei. Sicherheitsnadeln in der Wange, Irokesenfrisuren und zerfetzte Klamotten wurden nun plötzlich chic und galten als der letzte Schrei unter Jugendlichen. Eine ganze Industrie knüpfte sich schließlich an solche Trends und „wertete sie aus“, - last but not least die Musikindustrie. Punk wurde ein gesellschaftlich als avantgardistisch und besonders fortschrittlich gedeutetes Stilmittel, - letzte Rest davon fristen heute ein Dasein als stilistisch avancierter Verkaufsartikel mit einer gewissen „Street credibility“. Gefälligkeit wurde Kennzeichen, - Missklang, Sinnlosigkeit, Tabubruch, Perspektivlosigkeit, Anderssein und Pessimismus waren verpönt oder gekonnt ausgeblendet. Und: Die Popmusik scheint dabei tatkräftig geholfen zu haben. Ja, sie scheint als Ganzes in eine solche „Integrationsfalle“ gegangen zu sein. Waren einst die Markierung von Erfahrungshorizonten und Grenzen des Verhaltens sowie neue Modelle des Zusammenlebens wichtige Inhalte für sie, so wurde sie zunehmend zum Kleiderständer einer Unterhaltungsindustrie, - ohne Inhalte (oder solchen, die dem „Abverkauf“ dienen sollten….). Sie ließ sich willig dazu machen und ist inzwischen in weitgehender Bedeutungslosigkeit untergegangen. Ein Life-Style-Phänomen, mehr nicht. Bespaßung und Ästhetizismus scheinen das bestimmende Moment ihrer gesellschaftlichen Wirkung. Die gegenwärtige Wirtschaftsform scheint sie ausgebeutet zu haben und ihr gleichzeitig zu dienen.