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Lieder aus dem La-la-Land

Lieder aus dem „Lala-Land“? Schlager als Suren der Verdrängung und Mantras der Selbstbestätigung? Es gibt in Europa und besonders in Deutschland sogar wieder Diskotheken, in denen Schlager gehört werden. Der Schlager ist wieder angesagt und gibt sich jetzt tanzbar. Wichtig ist: der Hook muss stimmen. Die einprägsame Zeile, der Refrain zum Mitklatschen und Singen, der Rhythmus bei dem jeder mit muss. Fruchtbar kann es sein, nach dem verborgenen Sinn dahinter zu fragen. Schlager ist Feiern und Mitsingen. Ein Lied, das den Leuten nicht mehr aus dem Kopf geht. Ein Lied, das typische Gefühlslagen treffen kann. Das bedeutet, den Alltag zu vergessen, eine gute Zeit zu haben, abzuschalten, nicht anstrengend zu sein. Fragt sich nur, auf welchem Niveau?

 

Auch denken und eigene Aktivität abseits der Berieselung kann ja Spass machen. Spass? Ohnehin ist das die Kategorie. Ob man etwa Spass auf Kosten von jemandem anderem haben muss. Betrifft den Schlager nicht? Gegenwart und Schlager: das Verhältnis muss ja gar nicht vom sozialkritischen Holzhammer gezeichnet sein. Der Schlager sei die Seele des Volkes, hat kürzlich Costa Cordalis verlauten lassen, der inzwischen wohl durchoperiert ist und wahrscheinlich ungewollt den Schlager gut verkörpert. Es geht um eine Maske, die sich selbst gefällt. Um eine Spur von korrigierter Wirklichkeit, von „alternativer Wirklichkeit“ und Fake, deren sich andere mächtige Leute auch gerne befleißigen. Partysong, alaaf! Feiern ist angesagt. Muss auch mal erlaubt sein?  Ob Karneval sich dabei auch einreiht und eine Art Ventil für schwer aushaltbare Mechanismen des Alltags (einschließlich der Lächerlichkeiten von Politik) abgibt? Alles gemacht, gekonnt manipuliert, auf Genre getrimmt. Gefällig gemacht, geglättet? Alternde und erfahrungsgetränkte Produzenten greifen sich vermeintliche Talente, die sie formen und in ein „Konzept“ einfügen können, das unter anderem Applaus und Profit bringen soll (und, vielleicht, wenn's geht, noch etwas Zuwendung...) . „Da ist doch nichts dabei! Das machen alle...“ höre ich schon die vermeintlichen Einwände im Voraus. Dabei denke ich doch nur an eine Beschreibung, um dem Phänomen auf die Spur zu kommen. Mir kommt es jedenfalls so vor, als sei der Mix der Motive früher etwas vielschichtiger und geheimnisvoller gewesen. Mehr vom "Talent" gespeist und nicht so sehr von macherischer Cleverness. Als sei es damals oft darum gegangen, die wahren Motive von jemand erst herauszufinden. Spass und Kohle, das scheint mir heute allzu vordergründig und eindimensional die Motivation zu sein. Schlager und Pop sind enger zusammengerückt. Die sich ach so international gerierende Popmusik mag in Wirklichkeit und genau analysiert auch nichts anderes sein, als der (deutsche) Schlager. Es gilt bei beiden „Kategorien“, möglichst vielen Leuten zu gefallen, sie auf allen Ebenen anzusprechen und sich damit möglichst oft zu verkaufen (was offenbar schwieriger geworden ist). Positiv sein um jeden Preis. Das Abkacken der Welt vergessen. Möglichst leicht vermarktbar sein.