Walter Becker und Steely Dan

Walter Becker ist gestorben, die eine Hälfte der Band Steely Dan. Ich kann es nicht fassen. Sie sind ein Teil von mir und werden es immer bleiben. Sie hatten sich ja immer mehr als Duo herausgeschält, das nach einem Anfang als klassische Band (in den siebziger Jahren mit auch nicht gerade schlechten Musikern!) lauter fähige Leute um sich scharte, um solche Alben wie „Aja“ zustande zu bringen, ein überall akzeptiertes Meisterwerk, das aber viele ähnlich gute „Nebenwerke“ hatte, Alben, die es inwechselnden Klang- und Stilfarben damit aufnehmen konnten. Gerne wurden sie, schon als das noch nicht Mode war, als „cool“ bezeichnet. Es mag davon kommen, dass Becker (Bass und Gitarre) und Donald Fagen (der Keyboards spielende und singende Partner) in ihrem Songwriting die Ironie als wichtiges Stilmittel bevorzugten, wahrscheinlich ungewöhnlich für US-Amerikaner. Und zwar in der Musik, mit Wendungen, die scheinbar mit den Erwartungen ans Eingängige spielten, um es im letzten Moment „umzubiegen“ in etwas Eigenes. Sie brauchten dazu eine absolute Perfektion, die das Schwere leicht erscheinen ließ und mit allerlei Klischees „spielte“, das heißt, sie gebrauchten Klischees, um sie (im halbwegs modernen Wortgebrauch) zu dekonstruieren. Selbstverständlich resultierte daraus auch etwas wie Humor und Distanz zu den Phänomenen, die sie umgaben. Sie sollen Jazz und Rock zusammengebracht haben, zu einer Fusion, die sehr stilbildend wirkte. Doch vielmehr spielten sie damit und fügten viele andere populäre Stile hinzu.

Ironie und Spott war aber auch in ihren Lyrics und ihrer Art, Interviews zu führen. Solche Interviews waren oft eine Art poetisches Ratespiel mit zwei sich amüsierenden Freaks, die oft lachten. Am Ende war da oft ein Rätselspiel darüber, um was es eigentlich gegangen war. Es hatte etwas von mit der Realität seltsam durchwirkter Comedy. Sie machten sich lustig über Rollen und Posen (insbesondere in der Musikindustrie! Etwa 10 Jahre lang veröffentlichten sie auch keine Alben mehr und entsprachen keinerlei Erwartungen....), wollten sich aber nicht überheben über die sogenannten „einfachen Leute“, die etwa in ihren Texten durchaus mit Respekt auftauchten und bis heute die Konzerte von Steely Dan (der Name ist einem Roman von William S Burroughs entliehen) in den USA in großer Zahl besuchten. Eine solche Demut mag wohl auch einen Unterschied zu den Protagonisten des Popgeschäfts von heute ausmachen. Becker selbst hatte sich nach Drogenexzessen, die seiner Gesundheit wohl sehr geschadet haben, immer wieder in seine Wahlheimat Hawaii zurück gezogen. Im Lauf der Jahre hatte er auch zwei Soloalben („11 Tracks of Wack“ (1994), "Circus Money (2008)) produziert, die mehr oder weniger im Stile von Steely Dan gehalten waren und sein sehr dünnes Stimmchen in den Vordergrund zu stellen suchten. Den anderen großen Ironiker des Rockgeschäfts, Frank Zappa, der das ganz anders betrieb, achteten sie zwar, ließen ihn aber öffentlich weitgehend links liegen und mochten ihn nicht besonders, obwohl es da viele verbindende Elemente gegeben hätte (außer Zappas Besessenheit von eigenen Gitarrensolis, ausgedehnten Soli, die so in Steely Dans Musik niemals oder nur in sehr funktioneller Kürze vorgekommen wären....). Sie waren Genies, auf die diese Bezeichnung tatsächlich passte.

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