Hohn und Spott - Worte für Randy N. (2)

Noch einmal Randy Newman. Es überkommt mich einfach. Ich lege eine Scheibe von ihm auf und bin dann hinter seiner Musik. Ich suche meine eigene Konzertkritik und lese: „Zu Beginn seines Auftritts hat er „Mama told me not to come“ serviert, einen Song, der zu Beginn der siebziger Jahre in der Fassung der Band Three Dog Night ein Hit wurde und die Nöte eines Teenagers beschreibt, der zur Drogenparty eingeladen wurde. Danach ein paar eher getragene Balladen und Songs im mittleren Tempo, die seine geschmeidige Pianotechnik zwischen New Orleans-Stil, Gospel, Ragtime und neutönerischen Ehrgeiz zur Geltung bringen. Die Kleinbürgeridylle „Birmingham“ zum Beispiel oder „Guilty“, die Trinkerballade. Er setzt sich nie bloß hinweg, kritisiert, protestiert oder erhebt moralinsauer den Zeigefinger. Das ist nicht seine Haltung. „Short People“, auch einem der populären Songs, krächzt er aus der Sicht eines oberflächlichen Yuppies. Er macht sich lustig darüber und gleichzeitig schwingt noch so etwas wie Mitgefühl mit. Das ist Newmans ganz große Stärke. Die Mehrdeutigkeit.“

Das empfinde ich derzeit auch sehr stark. Schade, dass es solch knorrigen Figuren mit einem verqueren Sinn fürs Groteske kaum noch gibt. Er hätte ja Schule machen können. Aber dafür ist er womöglich nicht populär genug. Ich für mich jedenfalls kenne noch ein paar Namen, zu dem sein Beispiel hinführen kann. Jetzt aber bleibe ich bei ihm und lese weiter:

In „The world isn't fair“, zu dem ihn, wie er in der Zwischenansage behauptet, ein Besuch im Kindergarten inspiriert hat, taucht sogar Karl Marx auf, den Newman irritierend in Frage stellt. Bedingungen der menschlichen Existenz, gescheit ventiliert in etwas mehr als zwei Minuten. „It's great to be an american“, das behaupten seine Songs immer wieder. Er ist aus seiner Sicht gerne Amerikaner und gerade als solcher sieht er die US-Realität gestern und heute. Sarkastisch. Satirisch. Und voll jenes Mitgefühls, zu dem die Soziologen Empathie sagen. Oft sind wir Opfer und Täter zugleich. Wir wissen es nur nicht. Newman tippt das an. Spielt damit. Erzeugt groteske Effekte. Und er verhandelt dabei sogar religiöse Aspekte, schlüpft in die Rolle Gottes, alles in zwei Minuten. „God's Song (That's why I love mankind“ und aus anderer Sicht auch „Harps and Angels“, dessen ironische Sichtweise von Woody Allen geborgt sein könnte, mögen dafür stehen. Er macht nicht viel Aufhebens von sich an diesem Abend, der vielfache Grammy- und Oscargewinner, der musikalische Oberpriester europäischer Intellektueller.“ Was er wohl zum Präsidentschaftswahlkampf sagen würde? Sein Twitter-Account sagt seit Jahren nichts mehr. Gut so, Randy! 

 

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