Kunst und Masse

Wenn Massengeschmack und Kunst zusammengehen, könnte das doch das Beste sein, oder? Der alte und scheinbare Mythos von E- und U-Musik, also die Kunstbemühung und das Massenevent tun sich zusammen. Die alte subventionierte, an keiner Stelle aber nachvollzogene Kunst, die von den Eliten den Massen vorgeschrieben wird: ein verstaubtes Konzept, das so marxistisch wie bürgerlich ist. Man müsse die bloße Kunst schützen, vor der Demokratisierung, vor der Vermassung, vor der schnöden Kommerzialisierung, man müsse die Eliten, die Kader, die Avantgarde bilden. Man müsse eine solche Kunstbemühung durch den Staat schützen, jener einerseits demokratisch legitimierten und andererseits von philosophischer Durchdringung ergriffenen Institution. Das ist womöglich ein Widerspruch in sich. Pragmatische Dialektik. Erschießungen, Geheimdienstbesuche, Folter: alles ist da inklusive. Ist gedeckt durch die Interessen der Massen, die von den "Kadern" scheinbar klug erkannt werden. Geschmacksstalinismus. Die Wissenden und die Unwissenden. Ein Konzept, das in vom Mief verstunkenen Bürostuben von Rauschebärten des neunzehnten Jahrhunderts, massenmörderischen Schnurrbartfetischisten und Zigarre rauchenden Fettwänsten ersonnen wurde, ohne jeden Berührungspunkt zur Realität. Diese brauchen Besserwisser ja auch nicht. Sie sind durch sich und aus sich selbst legitimiert. Andererseits deckt die sogenannte Globalisierung alles zu, mit hohlem Spektakel, greller Farbe und sedierender Betäubung, mit Entfremdung (jawohl, der alte Begriff hat neue Aktualität). „Events“ werden erdumspannend, dringen ein, penetrieren Weltmärkte, wachsen und erzielen Rekordumsätze, sie decken alle Geschmäcker ab, erzeugen Aktivismus und Leere. Sie stehen als Marke für sich selbst, heben ab von menschlichen Gegebenheiten, sind das Werk einer vom Arbeitszwang zusammen gezwungenen Gruppe und von darin verwobenen Spezialisten. Erfolg wird in Umsatz gemessen, in Kohle und langanhaltender (nicht gleichbedeutend mit „nachhaltig“) Macht. Popereignisse sind insofern gut gemachte „Events“.     

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