Die Gewohnheiten, mit der Zeit umzugehen haben sich geändert, der Turbobeschleuniger brummt und rattert in uns allen. Freizeitgewohnheiten haben sich gewandelt, Musik liegt überall in der Luft, scheinbar kosten- und wertlos. Klänge sind nach allen Seiten hin manipuliert, bearbeitet, zurechtgemacht, retouchiert. Da ist offenbar kein Platz für einen Stil, eine Eigenheit. Nichts ist so, wie es erscheint. Nichts scheint ein Wesen zu haben. Automotoren haben einen gestalteten Klang, einrastende Kühlschranktüren auch. Es täuscht all überall, alles ist „gemacht“. Das Zeichen steht für das Bezeichnete, - wenn auch nicht immer, wie es einige Avantgardisten in den postmodernen achtziger Jahre noch glaubten. In der Pop- und althergebrachten Rockmusik ist das, was so „ehrlich“ handgearbeitet scheint, in vielerlei Hinsicht im Studio manipuliert, doch die Gitarre ist dabei noch immer das Symbol für authentisch ausgeschwitzten Schweiß. Clevere Produzenten machen sich so etwas zunutze und setzen mit ihren speziellen Studioarbeiten oft einen besonders verlogen Kontrapunkt zur synthetisch erzeugten Klangwelt. Aber auch live bedeuten die hier vorgeführten handwerklichen Fertigkeiten oft nur genormte, vorgegebene und erlernte Phrasen: es ist dies eine Mechanik, die wiederum nur simple Reflexe im Publikum auslöst .AC/DC, „let's clap your hands!, „is everybody in the house tonight?...“
Als die Rockmusik noch ein Abenteuer und nicht jeder Ton codiert war, da mögen Musiker wie Jimi Hendrix, Jaco Pastorius oder John McLaughlin ihre instrumentalen Ausdrucksmöglichkeiten nahezu aus der Luft gegriffen haben, neu ersonnen, visionär erfasst, ... unerhört, nie gehört bis dahin. Die Beatles trafen mit ihrem Gesamtsound den Nagel auf den Kopf und schufen Welten aus melodischen Verläufen, prägnante Songs mit Format. Mit eigenem Format. Ob so gute Popmusik funktioniert? Etwas zu schaffen, das sich nicht nur blöd und tumb im Bewusstsein der Vielen verfängt? Originell sein und „trotzdem“ erfolgreich? Oder ist das, was vielen gefällt, von vornherein suspekt? Mainstream. Kleinster gemeinsamer Nenner. Musik für „die breite Masse“. Pop ist popular - ist Mainstream. Muss Mainstream deshalb aber notwendigerweise „schlecht“ sein? Und ist das Schräge, im Grunde Unkonsumierbare, bloß deshalb so „gut“ und exquisit, weil es so schräg und schroff ist? Liegt allein darin ein Wert? Welcher Standpunkt gilt dabei? Gibt es einen einsamen Juror des guten Geschmacks? Ist es der eines Kritikers, eines Kenners oder Könners, eines Berufskonsumenten oder Journalisten, der jeden Tag hören muss und alleine schon deshalb für „das etwas Andere“ dankbar ist? Schafft so etwas den Überblick, die Erfahrung für die Musik der Vielen? Wir rätseln und haben die Frage längst noch nicht beantwortet. Auch, weil es keine schnelle Antwort gibt.
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