Megastars und ihre Produkte

Die Anbetung von Stars und Superstars auf allen Gebieten, das Herbeireden von Führern, die Sehnsucht nach den einfachen Lösungen, die Doppelzüngigkeit und moralische Dekadenz des politischen Entscheidungspersonals: sind das Signaturen unserer Zeit? Putin, Erdogan und ähnliche Figuren scheinen in der Politik ganz auf konventionelle militärische Stärke zu setzen, die Fakten schafft. Der Milliardär Trump klopft als Polit-Clown seine Sprüche und bekommt dafür Wählerstimmen. Im Showgeschäft scheinen Megastars zugange zu sein, die sich als eine Art Götter verkaufen. Das Seltsame ist, dass ihre Fans und manche Journalisten an solche Konstruktionen zu glauben scheinen. Kanye West etwa lässt im Madison Square Garden eine Art Reichsparteitag veranstalten, um sich dort als Präsentator seines neuen Albumprojekts zu inszenieren. Hm. Sehr schöne Menschen umgeben ihn dabei, huldigen ihm, nehmen Aufstellung, beten das Logo eines von ihm dringend empfohlenen und mit eigenen Entwürfen versehenen Sportartikelherstellers sowie eines Computerspielherstellers an: Welche Realität ist das denn? König, Königin, Kaiser? Caesar? Egomanie, auf die Spitze getrieben? Es wird uns unheimlich. West hat sich anscheinend schon mal mit Steve Jobs und seinem Album entsprechend mit Pablo Picasso verglichen, gleichwohl will er sich bei den kommenden Präsidentschaftswahlen aufstellen lassen: ob das sein muss, um sich als Hiphopkönig zu empfehlen? „Give the People what they want“ scheint vom maliziös zitierten und mit leicht zynischem Unterton versehenen Motto zu einem hart penetrierten Glaubenssatz des Showgeschäfts geworden zu sein. Einstige Leitfiguren wie der Oberkünstler Joseph Beuys, der in allen Menschen Künstler sehen wollte und die Demokratisierung der Kunst zu wollen vorgab, sind längst selbst (unter sehr tätiger eigener Mithilfe) zu Superstars geworden, die auf dem dazugehörigen Markt gewaltige Preise erzielen und sich dadurch womöglich selbst kompromitiert haben. Ein gewisser Peter Gabriel, der sich früher gerne an solche Standardsätze gehängt hat, ist inzwischen auch ins zweite Glied getreten und führt den Glorienschein eines kahlköpfigen Popaltstars auf langen Tourneen vor. Ist das alles ein Indikator für die Stimmung einer Zeit? Genauso, wie es das in der Vergangenheit war oder nicht war, so scheint es auch jetzt zu sein.

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