Die große Auflehnung

Ich habe mal wieder in alten Manuskripten gegraben, habe Dateien zu öffnen und konvertieren versucht, war auf der Spur unveröffentlichter Texte und dadurch - meiner selbst. Habe gestaunt und verworfen, habe gelacht und bedauert, gezögert und gewagt. Dabei ist mir folgender Ausschnitt aus dem Jahr 1995 (!) unter gekommen, der aus einem größeren Manuskript stammt, das ich später vielleicht nach und nach hier zeigen werde, sofern es mir Aufschlussreiches zu bergen scheint und sofern ich nicht zu faul sein werde, es aufzuarbeiten. 

 

Die große Auflehnung oder Die Marktwirtschaft des Sex im Rock

Heute ist Heavy-Metal geboten. Besser noch: Death-Metal, Grindcore. Die Reizschwelle ist weit hinausgetrieben. Man muss heute schon mit Hexenkult oder Führerkult kommen, um sich an der bestehenden Kulturfront noch reiben zu können, an der ja alles erlaubt ist. Aktuell sind die Rechtsradikalen-Bands am Kommen. Provozieren um jeden Preis, heißt bei ihnen die Devise. Provozieren ist heute sehr schwer geworden und wilde Buben sind nicht nur un der Rockmusik inflationär geworden. The Who warfen damals Fernseher aus dem Fenster, das war unerhört. Heute lächelt man über solche Böse-Buben Streiche milde: alles nur Promotion, Effekthascherei, das ist jedermann von vornherein schon klar. Madonna versucht's mit dem Thema Sex, das im Grunde längst ausgelutscht und langweilig ist. Sie arbeitet wahrscheinlich Kindheits-Komplexe auf. Die Naiven fallen immer noch darauf rein.

Den Menschen an der Wurzel packen, im Unterleib, das ist heute auch die Strategie der Werbe-Industrie. Über den Unterleib hat man öffenbar schnellen Zugang zu dem Menschen, das Unbewusste ist nicht zu kontrollieren. Die Industrie macht sich das mannigfach zunutze.  Rührend, wie sich die Moral-Apostel über Prince "Sexy Mothafucka"
oder Madonnas ,,Girlie''-Show noch aufregen.

Je mehr die Restauration alter Werte einsetzt, desto mehr kommt so etwas wieder an. Ein freier aufgeklärter Mensch interessiert sich wahrscheinlich für die Unterwäsche von Madonna wenig, - oder nur in spielerischer, ironischer Form. Nur ein verklemmter Mensch kann dadurch ersatzweise Bedürfnisse ausleben, ein Ersatz-Leben in den Medien, durch Medien. Bedürfnisse auch nach Über-Sex. Divine Sex. Sex der (Pop-) Götter. Der normale Sex ist für sie schmuddelig,
alltäglich, gewöhnlich. Er muss und soll gestylt daherkommen, aufgepeppt, verpackt, übersteigert. Sex mit "meinem" Idol wird "mir" verkauft. Sex und Marktwirtschaft. Die Marktwirtschaft des Sex und die Werbewirtschaft. Erotik ist Werbung um einen Menschen. Madonna ist eine einzige Nutten-Pose, die permanente Werbung um Geld. Für so manchen hat sie die dauernde Frage "Was kostet das?" auf den schamlosen (Scham-)Lippen, die Möse scheint für sie ein Geld-Schlitz.

 

Gestern war Marylin Monroe, heute ist es Madonna. Es sind etwa 30 Jahre dazwischen.

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