Daniel aus Stahl samt einer Filmfigur 

Eben haben Steely Dan und Elvis Costello bekannt gegeben, dass sie Richtung Sommer zusammen auf Tournee in den USA gehen werden ("The Rockabye Gollie Angel Tour 2015"). Welch großes Fest wäre das für mich! Seit langem bin ich ein großer Bewunderer der Konstallation Steely Dan, die auch mal 16 Jahre lang nicht mehr auf Tournee waren und sich lange Zeit der üblichen Album/PR/ Tournee-Maschinerie zu entziehen schienen. Doch ein wichtiger Grund für die Pause mag auch gewesen sein, dass Walter Becker als Hälfte des Duos wohl lange drogenbedingt nicht fit war und auf Hawaii abgehangen ist. Sie waren halt als Steely Dan lange weg und schienen sich in ihrer stark von sarkastischem Humor getränkten Wirklichkeit zurück gezogen zu haben. Hin und wieder veröffentliche Donald Fagen ein großartiges Soloalbum, für das man tatsächlich dankbar war. Sie sollen an der Fusion von Jazz und Rock maßgeblich mitgestrickt haben. Ja klar. Na und? Popqialitäten hatten sie trotzdem. Sie schafften es, mit sehr schrägen Harmonien und seltsamen Melodiewendungen sehr populär zu werden. Ihre Zurücknahme, ihr Understatement, ihre von den Journalisten hochgelobte „Coolness“, die aber eine Geisteshaltung war (da bin ich mir sicher, man schaue nur mal in ihre Texte rein!) und keine oberflächliche Popattitüde. Doch spätestens seit Beginn des Jahrtausends sind sie wieder voll da und absolvieren eine Tournee nach der anderen. Dass sie zumindest hierzulande im „Classic Rock“-Format versackt sind, dass sie oft zur Vorlage für in Töne gesetzte Nostalgie abgesunken scheinen, mag ihnen völlig egal zu sein. Sie machen immer noch (oder wieder?) ihre relativ komplexe Songs, mit den Ironsimen und Humorismen. Wie kann so etwas so populär werden? Gewiss, es freut mich auch. Aber der Verdacht schleicht herum, dass ein Großteil der Leute auf der gewiss wunderbar einprägsamen Melodie von Songs wie „Rikki don't loose that number“ steht. Dabei steht ein solcher Song eher in einem Gesamtzusammenhang. Ein Zusammenhang, den die damalige Generation von Popmusikern meist noch hergestellt hat. Damalig?

Ich habe Steely Dan im Jahr 1972 für mich „entdeckt“! Ich kam mnicht mehr von „Pretzel Logic“ los, habe das Album über Kopfhörer eine ganze Nacht lang gehört. Kam nicht mehr los davon. Heute dreht sich im Showgeschäft alles nur noch ums Ich und dessen optimale Vermarktung. Die eine Dame entblößt nebenher ihr Hinterteil, die andere pflegt heiße Küsse mit einer Partnerin. Wieder eine andere badet in ihrer globalen Prominenz und posiert für einen selbstmitleidigen Porträtfilm. Wie schwer es die Stars doch heutzutage haben. Der ewige Druck. Ach. Hm? Musik scheint eine Wegwerftapete geworden zu sein, produziert von einem namenlosen Stab von Programmierern, die auf dem jeweiligen Album des Super- oder Megastars nicht mal mehr genannt sind. Stattdessen werden plauschig künstliche Lebenswelten vorgeführt, die einem den großen „Erfolg“ (=Kohle) visuell integriert in ein Imagepaket vorführen sollen. Die Musik ist da nur noch ein Teil vom Ganzen, keineswegs aber Hauptsache. Hauptsache ist der Star und sein göttliches Ego. 

In eine solche Showelt spielen Steely Dan hinein und schneiden dabei kommerziell gar nicht mal schlecht ab. Die „alte-Säcke-Fraktion“ jedenfalls scheint zu ihren Konzerten jedenfalls geschlossen anzurücken. Und andere staunen über die inzwischen mit den einschlägigen Preisen hochdekorierten Guys: so kann man auch Musik machen! Es gab mal eine Hochkultur der Popmusik! Klar, dass da Elvis Costello reinpasst. Ein unglaublich umtriebiger Verwandlungskünstler des Pop, der gefühlt tausende von Alben erschuf, - immer wieder in einem völlig neuen Sounjd, den ihm niemand zugetraut hätte. Er ging stets an seine Grenzen und über sie hinaus: Er gab alles. Seite Stimme, naja, glich in manchem der von Donald Fagen, der ja insgesamt eher durch Zufall zu seiner Rolle als Chefsänger von Steely Dan gekommen war. Es war halt niemand anderes da. Trotzdem nahm Costello eine Scheibe zusammen mit der Opernsängerin Sofie von Otter auf, die auch noch gut geworden ist. Ballettmusik? Ja klar, hat er auch geschrieben und aufgenommen. (Sehr zu empfehlen: „Elvis Costello live with the Metropole Orkest – My Flame burns blue“). Costello pflegte auch die Verbindung zur großen Tradition der populären Musik, trat in Nashville auf und am Bodensee, machte mit Allen Toussaint zusammen ein New Orleans-Album und warf sich mutig in den Sound von globalen Regionen. Seine Alben waren durchweg spannend, sprühten vor musikalischer Ideen und umgarnten einen stets wieder neu, gaben einem Kraft und ließen einen staunen. Wow, am Ende der siebziger Jahre war er ähnlich wie Joe Jackson in der Nachfolge der damaligen Punks gestartet und hat sich seitdem unablässig entwickelt, ist wie eine Blume aufgegangen. Was für eine Künstlerexistenz! Steely Dan und Elvis Costello: eine Traumpaarung! Ich werde wohl noch manches über sie schreiben. 

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