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Musik und Verwertungsinteressen

 „Moskau“, „Weiße Rosen aus Athen“, „Schön war die Zeit“, „Skandal um Rosi“ „Ein Bett im Kornfeld“ etc.: Wie kommt es, dass gewisse Schlagertitel zum Mitgröhlen und Mitgrooven so erfolgreich sind, dass sie auch nach vielen Jahren eine bestimmte Stimmung, ein bestimmtes Gefühl zu verbreiten fähig sind? Wie nennt man das? Ohrwurm? Hit? Schlager? Ob man da Alter und soziale Schicht zuordnen kann? Nur so als Versuch? Ob es auch um den Grad der Ausschließlichkeit geht, oder auch darum, Alternativen zu kennen, sein Möglichkeitsfeld erweitert zu haben (ohne dass man zwingend dabei mitgröhlen müsste, Musik könnte ja auch an und für sich ein Genuss darstellen, der Neugier wecken und Gefühle frei setzen kann, die auf keine andere Art zu übermitteln oder auszudrücken wären)? Ob es da um Sehnsüchte geht, um Träume einer Zukunft oder einer Vergangenheit, um Auswege und Fluchtoptionen, die besonders gefällig in Musik verpackt sind? Um Gemeinschaftsgefühle und das Gefühl, in einer Masse aufzugehen (uraltes Bedürfnis im sozialen Kontext)? Was erzeugt in wem Gefallen? Ob aber Musik noch etwas anderes als gefällig sein kann? Ob sie gar ein Mittel der Zivilisierung sein könnte? Ob sie mehr als einen Nutzwert hat? Ob es „Gebrauchsmusik“ gibt, die auch als solche ihren Wert hat, die aber auch als solche betrachtet werden sollte? Ob es unter den obwaltenden Verhältnissen Sinn macht, die alte hochsubventionierte High-Brow-Musik (und ihre „gewachsenen“ Strukturen) in ihren imposanten Kulturpalästen aufrecht zu erhalten? Ob Titel wie etwa „Bella Ciao“ oder „Guantanamera“ einen Bedeutungswandel, eine Einlehnung und eine Umpolung ihrer Funktion erfahren haben? Ob sie ihres Ernsts und ihrer Tragik verlustig gegangen sind? Wenn ja, aufgrund welcher Bedürfnisse? Welcher Interessen?