Wo bleibt die Popmusik?

Was eigentlich ist mit der Seligsprechung des Rap und Hiphop, nachdem das, wie meist bei „subkulturellen“ Bewegungen, in die Mainstream-Kultur eingewandert ist? Manch einer mag ja die anderen Strömungen des Pop, die in grauer Vorzeit einmal etwas mit Rock zu tun hatten, längst aufgegeben haben. Es gab, wie immer, Preise bei Preisverleihungen, bei Grammys, bei vielen anderen Music Awards und auf vielerlei Arten ausgelobten Veranstaltungen der Entertainment-Industrie. Bilder von Goldkettchen, große Schlitten und Miezen mit möglichst viel Titten und Arsch? Klischees, gewiss. Aber unterfüttert mit Realität.  Kendrick Lamar wird als neue Bezugsfigur ausgerufen, weil er ja nicht so ist. Einer mit politischem Standpunkt. Ein Straßenköter. Einmal soll er sogar bei den Grammys für viel Aufsehen gesorgt haben, als er als Sträfling in einer Chain Gang (Gruppe in Ketten) auftrat, das weiße Establishment und die rassistische Musikindustrie wüst beschimpfte. Toll, nichtwahr? Wow, wir sind da ein bisschen skeptisch, weil wir solche Strategien und Verhaltensweisen ein bisschen zu kennen glauben. Jetzt ist es modern, sich als Gegner von Trump zu geben, was ja selbst in den USA nicht unbedingt als schwierig erscheint. Trump-Bashing muss unter Künstlern ja unbedingt sein. Nur kosten darf es nichts. Sehr angesagt ist es gerade unter weiblichen Künstlern (wieso eigentlich nicht auch unter männlichen...?), die „Metoo“-Bewegungen zu propagieren. So auch bei den Grammys. US-Sängerinnen wie Lady Gaga, Kelly Clarkson, Miley Cyrus und andere trugen dort offenbar weiße Rosen auf dem roten Teppich, um ihre Solidarität für die Bewegungen zu zeigen. Wie sich aber unsere unmittelbare politische Realität spiegelt? In Deutschland und ganz Europa scheint Nationalismus und Populismus im Aufwind. Es gilt die Auseinandersetzung mit einer seltsam verstaubten Idiologie, die oft weit rechts angesiedelt ist und autoritäre Strukturen predigt. Die sich statt Verständnis und Verbindung eine unerbittliche Abgrenzung und Unterscheidung in drinnen und draußen auf ihre Fahnen geschrieben hat. Dass sie dabei geschickt Argumente und Fakten aufgreift, dort, wo sie ins Weltbild passen, dass sie mit ihnen umgeht, sie einsetzt, gebraucht, verfremdet, dass sie ausgelutschte rassistische Klischees gebraucht, dass sie mit Zeichen in ihrem Sinne spielt, dass sie Feindschaften aufbaut und gebraucht, um ihr und das ihrer „Gegner“ Weltbild abzustützen, sickert immer mehr in unseren Alltag ein. Der Rassismus, der besonders hierzulande, aber auch in den USA eine endlose Geschichte hat, scheint alle emanzipatorischen Errungenschaften, derer man glaubte, sich sicher sein zu können, besonders unter Trump wieder in Frage gestellt zu haben. Auf der Weltbühne scheinen zur Seite flankierend andere Diktatoren, Despoten und Autokraten diese Entwicklungen jeweils auf ihre Art zu bestätigen und dabei sogar demokratisch bestätigt zu werden. Wow, wir fassen es nicht! Wir sind entsetzt! Wo bleibt die Popmusik? All die hochgelobten und politisch anscheinend so aktiven Aktivisten?