The Show must go on

Ich erinnere mich noch, als ich eine internationale Künstlerin darauf ansprach, dass ihre Konzerte manchmal wie Inszenierungen wirken, künstlich, ausgedacht, kalkuliert. Sie reagierte, indem sie lächelnd darauf verwies, dass in Popkonzerten heutzutage alles durchgeplant, kalkuliert, programmiert und ausgedacht sei, so dass sich wenig Spielraum für spontane Einfälle böte. Ich brachte das durchaus in Zusammenhang mit meinen Beobachtungen. Aber es drängte sich in mir eine Anmerkung mit einer Art Grundgedanken des Rock auf, die ich aber unterließ. Es galt ja schließlich, ein Interview zu machen, und nicht, eine Diskussion zu führen. Doch war ja nicht das Heben kreativer Energien, das Freilegen von Räumen für spontane Einfälle, eine Nähe von Künstler und Publikum samt dem Aufbauen eines Kontakts, der gerade nicht durchgeplant war, eine Empathie für die vielen vergnügungssuchenden Leute, eine gewisse verspielte Leichtigkeit, die Improvisation und das aufregende Reagieren von Könnern auf augenblickliche Impulse ein wichtiger Bestandteil der Rockmusik gewesen? Was hatte diese häufigen Kostüm- und Kulissenwechsel, diese gewaltigen Screens mit der medialen Verdopplung des Geschehens dort auf der Bühne, damit noch zu tun? Wieso steht die Showinszenierung dermaßen eindeutig im Vordergrund solcher Konzerte? Ist das wirklich der Zug der Zeit? Hat das etwas mit „Formatierung“ zu tun, und dies etwas mit dem Geldverdienen um jeden Preis? Mit der oft zitierten "Selbstoptimierung", mit der Professionalisierung? Mit einer Servicementalität? Oder gibt es eine Art „geheimes“ Aufbegehren gegen solches durchgeplantes Abkassieren mit Konzerten? Ist das die vielbeschworene „Vermarktung“? Inszenierung? Ja klar. Aber dermaßen eindeutig und als Monokultur? Ablaufsteuerung um jeden Preis? Menschen in technischen Prozessen. Ob das ein bisschen an industrielle Abläufe erinnert? Auch an den derzeit grassierenden Populismus mit all seinen wohlabgerufenen, einstudierten Reflexen? Das Einfache, Elementare ansprechen? Mobilisierung von schlummernden Energien? Ja, - aber mit dem klaren Ziel des Abkassierens? Ein ständiges „Tun-so-als ob“? „The Show must go on“, im Streit um „Urheberrechte“? Wo bleibt da die Ironie, der Abstand zu den Verhältnissen, die Distanz zum Tun der Showbranche? Hätten Popmusiker nicht auch etwas Unberechenbares? Wird da ein gewisses Verhalten eingeübt?  Wo bleibt da der Ausbruch aus den vorgegebenen Rollenmustern? Der Beispiel sind da leider wenige. Aus den USA kommen sie kaum.

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