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Latinvirtuose

Heute morgen Ry Cooders „Chavez Ravine“ herausgegriffen, dessen CDs neben denen von Daniel Lanois stehen. Seinen Soundtrack zum Film „Paris/Texas“ kennt natürlich jeder, - ein Klassiker. Sah zuvor im Fernsehen auch wieder mal „Buena Vista Social Club“ und erinnerte mich an die positive Rolle als Katalysator, die Ry Cooder dabei wohl gespielt hat und was dieses Zufallsensemble Wunderbares zustande gebracht hat. Dabei kamen mir dabei aber auch seine wunderbaren Gitarrenlinien in den Sinn. Einfühlsam, nie eitel, träumerisch realistisch. Schon sehr früh hatten mich seine Soloscheiben hingerissen, wobei ich seine Zeit bei Captain Beefheart bis heute nicht genau kenne. Dabei scheint er seine Gitarre auf seinen Soloalben meist sehr sparsam aber intensiv einzusetzen, was ihn mir umso sympathischer macht. Er scheint eine Art aktiver Musikethnologe zu sein, der alte Stile und Spielweisen ausgräbt, um sie sich teilweise vorsichtig und behutsam für eigene Versuche anzueignen und zu bearbeiten. Ja klar, darin ist er mir in Fleisch und Blut übergegangen, wie ich jetzt merke. Auf „Chavez Ravine“ sind allerlei Instrumente rund um seine Gitarre, kunstvoll verschlungen, Technokraten würden sagen „gut gemischt“. Den Gesang bestreitet er selten, meist überlässt er das anderen, von denen viel Gefühl und Hingabe auf den Hörer kommt. Oft ist bei ihm Akkordeon dabei, ein Instrument, das in der Rockmusik relativ selten blieb. Auf „Chavez Ravine“ mag ich unter anderem den wunderbar nach vorne marschierenden Rhythmus, mit tausend Timbales und Congas aufgepimpt, über die sich unter seiner Slide tausend (gefühlt) Instrumente gruppierten. Auch mag ich sehr den Grundsound des Studios, das mitzufedern scheint. Jetzt „Los chucos suaves“: wahnsinnig, wie der Rhythmus treibt! Klasse, wie das Piano perlt! Und erst der tolle Lalo Guerrero: seine Stimme zieht hinein, sie verleiht einem Energie, sie bringt etwas zu einem, sie drängt hinaus in Begeisterung! Jim Keltner, Drums, ist auch nicht einer der schlechtesten. Ein Crack. Ein Dosierer und Kommentierer, kein Prügler. „Chinito, chinito“: Juliette Commagere und Carla Commagere, als wunderbares Gesangspaar der guten Laune inmitten mieser Verhältnisse, mit Joachim Cooder, Drums, dem Sohn, der auch in „Buena Vista Social Club“ zu sehen und hören ist. Wie der Bass wühlt! Wie können die so etwas zustande kriegen? „Cool Cats“ von Jerry Leiber und Mike Stoller: sehr sehr cool! Schweine zum Mitmachen…. Little Willie G. Leadvoc, großartige Stimme, begnadeter Mitreißbeat! Ausgegraben aus dem Jahr 1953. Jay Edgar Hoover scheint ein Lieblingsgegner von Cooder zu sein. Nun ja, der hat ja auch etliche Sauereien auf dem Kerbholz, dieser ehemalige Geheimdienstchef! Cooder spielt damit, klagt an, lässt alles auf dem Trampolin seiner Persönlichkeit federn. Die Texte kommen in Spanisch und englischer Übersetzung daher. Später tritt noch der Akkordeonspieler Flaco Jiminez auf, mit dem Ry Cooder damals oft arbeitete.